Mittwoch, 29. März 2017

Ein Staat ist nicht ein Unternehmen

US-Präsident Donald Trump hat am Montag in einem Memorandum die Gründung von „White House Office of American Innovation“ (OAI) angekündigt.

Das OAI wird von Jared Kushner, dem hochrangigen Berater und dem Schwiegersohn von Trump geführt. Das Ziel sei, die Staatsbürokratie mit Einsichten aus dem Geschäftsleben besser zu gestalten.

Der Staat soll wie ein grosses amerikanisches Unternehmen geleitet werden, hat Kushner zusammenfassend erklärt.

Stephen Colbert hat sich gestern in The Late Show („Chief White House Nepotism Beneficiary“) des Themas sofort angenommen und köstlich präsentiert, warum die Analogie vorgetäuscht und irrefführend ist. 

Kushner liegt falsch, lautet auch das Fazit eines Kommentars in FT aus London: Die Regierung soll nicht wie ein tolles Unternehmen geführt werden, sondern wie eine grossartige Demokratie laufen, was viel schwieriger ist zu handhaben.

Denn eine nationale Wirtschaftspolitik muss (auch in kleinen Ländern) die Art von Rückkopplungen mitberücksichtigen, worauf es im Geschäftsleben nur selten ankommt. 

Selbst die grössten Konzerne verkaufen nämlich lediglich einen kleinen Anteil dessen, was sie herstellen, an die eigenen Mitarbeiter, während sogar sehr kleine Länder die meisten Güter und Dienstleistungen an sich selbst verkaufen.


Der fiskalpolitische Spielraum und Produktionslücke in G3 Volkswirtschaften, Graph: Morgan Stanley

Dienstag, 28. März 2017

The Sharing Economy


Buchbesprechung

Arun Sundararajan: The Sharing Economy – The End of Employment and The Rise of Crowd-Based Capitalism, MIT Press, Cambridge, Massachusetts, London, 2016.

Die Herstellung und Wiederherstellung von sozialen Beziehungen über Tausch und Verbreitung von Dingen ist kein neues Phänomen. Eine Vielzahl von Formen des gemeinschaftsbasierten Austausches hat auch in der Vergangenheit existiert. 

Was heute neu ist, ist die Verfügbarkeit von freier Software im Zusammenhang von dezentralisierter Datenverarbeitung und drahtlosen Netzwerken, die die gemeinschaftliche Nutzung von Produkten, Ressourcen und Kenntnissen mit einer ausgeprägten Intensität erleichtern.

Und der Gemeinplatz „Besitzen vs. Teilen“ markiert nun den fulminanten Aufstieg der sog. „Sharing Economy“ endgültig.

Die Plattform-basierten Geschäftsmodelle (peer-to-peer), wo sich Tauschpartner treffen, kennzeichnen im Grunde genommen die vollkommene Vereinigung von zwei Eigenschaften: 

Erstens: „Zugriff ohne Inhaberschaft. Und zweitens die Besonderheit der Netzwerke, die die Hierarchien verdrängen“, wie Arun Sundararajan in seinem vor Begeisterung strotzenden neuen Buch darlegt.

Die wesentlichen Antreiber sind: (1) Die Entwicklung von digitalen Plattformen, die es Unternehmen ermöglichen, auf der ganzen Welt Arbeitnehmer zu rekrutieren, (2) die technologischen Veränderungen, die es Mitarbeitern ermöglichen, Kunden in jedem Ort zu bedienen und (3) der Zutritt hochbevölkerter Länder (z.B. Indien und China) in die globale Wirtschaft.

Montag, 27. März 2017

Der deutsche LB-Überschuss und Budgetdefizite im Ausland


Der Sachverständigenrat hat vergangene Woche seine Konjunkturprognose für die deutsche Wirtschaft vorgelegt und seine Wachstumsaussichten für das Jahr 2017 leicht nach oben revidiert.

Der Sachverständigenrat nimmt zugleich auch der „in jüngster Zeit verstärkt geäusserten Kritik am hohen deutschen Leistungsbilanz-Überschuss“ Stellung.

Die daraus abgeleiteten Handlungsempfehlungen hält der Sachverständigenrat für nicht stichhaltig und stellt sich auf den Standpunkt, durch angebotsseitige Massnahmen Investitionsanreize zu stärken.

Obwohl die EU-Kommission in einem im November 2016 präsentierten Bericht (Alert Mechanism Report 2017) mit Hinweis auf Art. 3 und Art. 4 des Vertrags über die EU festhält, dass Deutschlands Leistungsbilanzüberschuss ein makroökonomisches Ungleichgewicht (*) darstellt, findet der Sachverständigenrat, dass der deutsche Leistungsbilanzüberschuss zwar hoch sei, doch kein makroökonomisches Ungleichgewicht darstelle.


Einkommen und Konsum der privaten Haushalte in Deutschland, Graph: Prof. Peter Bofinger in: Konjunkturprognose für 2017 und 2018

Freitag, 24. März 2017

Der neutrale Zins und die Geldpolitik im Euroraum

Neel Kashkari, Minneapolis Fed-Präsident hat neulich in seinem Blog unterstrichen, dass der Gleichgewichtszins für die US-Wirtschaft heute auf null liegt oder sogar vielleicht etwas negativ ist.

Der natürliche Zinssatz (equilibrium real interest rate) ist der theoretische Realzins, wo die Inflation weder steigt noch fällt und die Wirtschaft Vollbeschäftigung hat.

Es handelt sich dabei um einen Orientierungswert (benchmark), um zu beurteilen, ob die Geldpolitik akkommodierend oder restriktiv ist.

Der Gleichgewichtszins kann nicht beobachtet werden; er muss geschätzt werden. Eine aktuelle Schätzung der Banque de France legt nahe, dass der natürliche Zins im Euroraum seit 2009 nahe null liegt oder sogar negativ ist.

Tatsache ist, dass die konventionelle Geldpolitik Mühe hat, während die nominalen Zinsen nahe Null-Grenze (zero lower bound) liegen und die Inflationserwartungen moderat sind, die Inflation in Richtung Zielwert steigen zu lassen.


Der neutrale Zins für den Euroraum liegt seit 2009 nahe null oder negative, Graph: Banque de France

Donnerstag, 23. März 2017

Verschuldung, Inflationsziel und Finanzierungssalden


Im Gegensatz zur herkömmlichen Meinung war die globale Krise von 2008 (abgesehen vom Fall Griechenland) nicht durch Staatsverschuldung ausgelöst.

Bemerkenswert ist jedoch, dass die Staatsverschuldung heute höher liegt als vor der Krise. Aufgrund der niedrigen Zinsen stellt dies aber zumindest kurzfristig kein Problem dar. 

Die Finanzierung der Staatsschulden war in der Geschichte noch nie so günstig wie heute. Die anhaltenden Niedrigzinsen deuten aber darauf hin, dass private Haushalte und Unternehmen derzeit nicht gewillt sind, Kredit aufzunehmen.

Ein Grund mag sein, dass der Privatsektor mit dem Schuldenabbau (deleveraging) beschäftigt ist. Das würde bedeuten, dass die Wachstumsschwäche noch länger anhält, bis zumindest der Schuldenberg abgetragen ist. Das ist die Erklärung der sog. „debt-overhang“-Hypothese.


Die gegenwärtige Inflation im Vergleich zum Zielwert der jeweiligen Notenbanken, Graph: Morgan Stanley

Mittwoch, 22. März 2017

Interview: Prof. Jonathan Portes, King’s College London

Jonathan Portes is Professor of Economics and Public Policy at the King’s College London


Prior to EU’s 60th anniversary of its founding (Treaty of Rome, March 25th, 1957), London did trigger Brexit process invoking Art 50. Is UK opening Pandora’s box?

It’s not the beginning of the end (of Brexit) – it’s but definitely the end of the beginning. Despite the fixation in the UK on the precise date and the legal niceties of the Article 50 process, the most important event of the weeks to come will not be the notification itself but the EU response to it; and the political and economic dynamics that that sets into motion.

If things go according to plan, we're headed for the usual EU negotiating scenario: long interludes of tedium and small print, interspersed with episodes of late-night brinkmanship, ending eventually in a compromise no-one likes, but everyone will describe as a victory.

But if politics - either here or on the continent - derails the process, we could soon find that far from "taking back control", we have done precisely the opposite.  The consequences for the EU would be very damaging; for the UK they could be disastrous.

However, the fears (or hopes in some quarters) that Brexit will lead to the disintegration of the EU seem overblown.  If anything, the prospect of Brexit seems to have given an impetus to EU politicians to unite, and made electorates in the rest of Europe more nervous about electing anti-EU populists.

Dienstag, 21. März 2017

Negativzinsen und Banken

Die EZB hat im Juni 2014 den sog. Einlagensatz für Zinsen von 0 auf minus 0,10% gesenkt.

Der Zinssatz wurde im Verlauf der Zeit weiter gesenkt. Heute beläuft sich der Satz für Deposit Facility auf minus 0,40%.

Die SNB hat im Dezember 2014 Negativzinsen eingeführt: -0,25%. Guthaben auf Girokonten der Banken werden mittlerweile mit einem Zins in Höhe von minus 0,75% belastet.

Doch die Retailbankkunden sind bisher vor Negativzinsen verschont geblieben. Negativzinsen sind aber umstritten. Die Banken fürchten seither Konsequenzen. Belastung von Rentabilität ist die Rede. 

Sind Spargelder in Gefahr, lautet eine der am häufigsten aufgeworfenen Fragen. 

Wichtig ist jedoch aus Sicht der Sparer, nicht nur auf die nominalen, sondern auf die realen Zinsen (d.h. um die Inflation bereinigt) zu achten. 

Der Realertrag auf dem Sparkonto ist heute z.B. in Deutschland seit Ende 2013 positiv.


Rückgang der Margen im Einlagengeschäft, Graph: Credit Suisse Research, March 20, 2017.

Interview: Prof. Paul De Grauwe, London School of Economics

Paul De Grauwe is Professor at the London School of Economics


The EU will celebrate on March 25th the 60th anniversary of its founding (Treaty of Rome, 1957), while its future is in doubt. What went wrong?

First of all, the European Union is still to be called a success. It created the basis for peace and material welfare in Europe. This being said there are major problems. The most important one is that the benefits of the European integration have been shared in a very unequal way. Many have profited a great deal. But too many have not. Driven by notions of competitiveness and growth the European Union has neglected social policies aimed at integrating the losers of the European integration. This is a similar story as the globalization story.

In your recently published book, you tackle the old discussion of “Market vs. State” and you talk about a “great shift in the power of national governments relative to the financial markets”. Is the supremacy of the markets (neoliberal economic policy) Europe’s main predicament?

It is indeed a big problem. The problem is most acute in the Eurozone where national governments have lost most of their capacity to stabilize their economies from the booms and busts that are endemic in capitalism. Instead financial markets dictate the extent to which governments use fiscal policies to stabilize their economies. If nothing is done about this, many people will reject the system.

Sonntag, 19. März 2017

50 Ideas You Really Need to Know

Buchbesprechung

Jonathan Portes: 50 Ideas You Really Need to Know: Capitalism, Quercus Books, UK, 2017.

Es ist schwer, Kapitalismus zu verstehen, ohne Ahnung von der Wirtschaft zu haben. 

Man braucht dazu sicherlich auch Kenntnisse über die Geschichte, Politik, Soziologie und Kultur.

Was heute bemerkenswert ist, dass der Kapitalismus seit der Great Recession in einer fatalen Krise steckt. Das vorliegende Buch kommt also zum richtigen Zeitpunkt auf den Markt.

Jonathan Portes überreicht ein praktisches Nachschlagewerk, wo die jahrhundertalte Diskussion „Staat vs. Markt“ in der öffentlichen Diskussion wieder im Zentrum steht.

Der Kapitalismus gestaltet schliesslich die Gesellschaft und unser Leben. 

Während die Überbrückung der Differenzen zwischen der individuellen und der kollektiven Rationalität die grösste Herausforderung der öffentlichen Hand bleibt, springen heute Ungleichheit und Armut in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften ins Auge, die den sozialen Zusammenhalt bedrohen und die Demokratie untergraben.

Der Wirtschaftsprofessor an der King’s College London zeigt vor diesem Hintergrund die Stärken und Schwächen der kapitalistischen Marktordnung auf und präsentiert in je vier kompakten Seiten 50 Rubriken geteilt in 6 Hauptbereiche wie  Grundbegriffe, Institutionen des Kapitalismus (Unternehmen, Banken, Notenbanken usw), Finanzmärkte, politische Ökonomie, Gesellschaft & Kultur, was Kapitalismus für die Zukunft der Arbeit und die Umwelt bedeutet und ob es eine Alternative gibt.

Samstag, 18. März 2017

Standardindikatoren und Inflation

Die US-Notenbank hat am Mittwoch die Zinsen um 0,25% erhöht. Der Leitzins liegt nun in einer Spannbreite von 0,75% und 1,0%. 

Das ist mittlerweile die dritte Zinserhöhung nach der Great Recession von 2008.

Janet Yellen, die Fed-Präsidentin hat gemäss der Median-Prognosen angedeutet, dass es in diesem Jahr insgesamt drei Zinserhöhungen geben wird.

Die Fed Funds Futures Märkte veranschlagen nun eine Wahrscheinlichkeit von 18,9% (zurück von 24,5% vor dem aktuellen Zinsentscheid der Fed) für eine Zinserhöhung von vier oder mehr in diesem Jahr.

Was macht die EZB?

In den Medien war vergangene Woche zu lesen, dass einige Mitglieder des EZB-Rats die Möglichkeit von Zinsanhebungen schon vor Beendigung des Anleihekauf-Programms nicht ausschliessen.

Die angedeutete Diskussion hat die Erwartungen im Markt so angeregt, dass die Händler jetzt eine Zinserhöhung um 12 Basispunkte (vorher 7 Basispunkte) per April 2018 einpreisen.


Wann kommt die erste Zinserhöhung um 0,25% durch die EZB? Graph: Morgan Stanley

Freitag, 17. März 2017

The Limits of the Market

Buchbesprechung

Paul De Grauwe: The Limits of the Market – The Pendulum between Government and Market, Oxford University Press, 2017.

Märkte sind nicht grundsätzlich besser oder schlechter als Staaten. Worauf es ankommt, ist der Wohlstand der Menschen. 

Markt und Staat sind vielmehr Instrumente, um dieses Ziel zu erreichen. Wie aber die Mischung aussehen soll, ist die schwierige Frage, mit der sich Paul De Grauwe in einem neuen Buch befasst.

Es ist ein mühsamer, manchmal zerstörerischer Prozess, der ständig in Bewegung ist. Der Wendepunkt in diesen Pendelschwankungen fiel bisher mit störenden Ereignissen zusammen, die die Grenzen von Markt und Staat testen, beschreibt der an der London School of Economics, LSE lehrende Wirtschaftsprofessor aus Belgien von Anfang an.

Kein Wunder, dass Aufstieg und Fall des Kapitalismus in der Geschichte öfters immer ein beliebtes Forschungsthema war. 

Karl Marx, Friedrich Engels, Joseph Schumpeter, Rosa Luxemburg, Vladimir Lenin und Karl Polanyi haben alle dazu eine eigene Theorie entwickelt, die De Grauwe allerdings als „linear theories“ bezeichnet. Er selbst verwendet die „cyclical theory“, um das ökonomische Pendel („great economic pendelum“) zu erforschen.

Bemerkenswert vor diesem Hintergrund sind De Grauwes Ausführungen zum Thema Euro. Ganz konkret: Wenn ein Land der Europäischen Währungsunion (EWU) beitritt, übernimmt es den Euro und verzichtet auf die eigene Landeswährung.

Die Gemeinschaftswährung wird von einer gemeinsamen Notenbank, nämlich der EZB gehandhabt. Und das hat Konsequenzen für die Mitglieder der EWU.

Veranschaulicht wird die ganze Entwicklung am besten am Beispiel von Spanien (mit Euro) und Grossbritannien (mit Pfund). 

Mittwoch, 15. März 2017

Inflation: Deutschland hat den Salat

Die Verbraucherpreise (CPI) in Deutschland lagen im Februar 2017 um 2,2% höher als im Februar 2016.

Damit hat Deutschland zum ersten Mal seit August 2012 die von der EZB angestrebten Zielmarke überschritten.

Die FAZ (faznet) kann sich nicht zurückhalten, schwungvoll an die Hochinflationszeiten zu erinnern („narrative psychology“). Die Redaktoren rechnen eifrig aus, was aus 10'000 EUR (ohne Verzinsung) werde, wenn die Inflationsrate bei 2,2% bleibe.

Ein näherer Blick in die Daten von destatis zeigt, dass die Energiepreise im Februar 2017 mit 7,2% über dem Vorjahresniveau lagen und damit erneut preistreibend wirken.

Vor allem hat sich der Preisanstieg bei Nahrungsmitteln verstärkt. Teurer als ein Jahr zuvor war mit 21% das Gemüse: Salat, Tomaten und Gurken.


Inflation: Deutschland hat den Salat, Graph: fastFT

Montag, 13. März 2017

Austerität und immer die gleiche Leier


Ein viel vorgetragenes Argument der Verfechter der Austerität ist, dass es an Geld mangelt und wir daher die Gürtel enger schnallen sollen. 

Es wird erzählt, dass es keine Alternative gibt (TINA: There Is No Alternative) und der Staat strukturelle Anpassungsmassnahmen ergreifen müsse.

Wenn die öffentliche Hand die Ausgaben kürze, werde das Vertrauen („confidence fairy“) der Investoren wiederhergestellt. Und wir können alle auf eine bessere Zukunft hoffen.

Das ist natürlich Unsinn. Denn Geld wird in dem Augenblick geschaffen, wenn ein Kredit gewährt wird. Die Schuldscheine (IOU: I owe you) der Banken sind ein wahres Zahlungsmittel, genannt „inside money“. 

Mehr als 90% der Geldmenge (money supply) in einer modernen Volkswirtschaft besteht heute aus „inside money“, wie Markus Brunnermeier in seinem lesenswerten Buch ("The Euro and the Battle of Ideas") unterstreicht.

Entgegen der landläufigen Meinung wird 95% des Geldes (broad money; d.h. Bargeld + Münzen und Bankeinlagen) von privaten Banken geschaffen, nicht von der Zentralbank, wie auch Ann Pettifor in ihrem neuen, lesenswerten Buch ("The Production of Money") beschreibt.


BIP pro Kopf in Europa, Graph: Simon Wren-Lewis

Samstag, 11. März 2017

Schweizer Negativzins und Zinsdifferenz zum Ausland

Die Rendite der Schweizer Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit ist am Freitag zum ersten Mal seit September 2015 wieder über die Marke von null Prozent geklettert: +0.021%.

Die Papiere der Eidgenossenschaft sind seit dem Ausbruch der globalen Finanzkrise von 2008 stark gefragt, weil sie als sicher, liquide und hochwertig gelten.

Im Januar 2015 ist die Rendite der zehnjährigen Schweizer Bundesobligationen (mit Fälligkeit Juli 2025) erstmals in den negativen Bereich gesunken: -0.003%.

Im April desselben Jahres hat die Schweiz zum ersten Mal eine Staatsanleihe mit 10 Jahren Laufzeit mit einer negativen Rendite ausgegeben.


Schweizer Zinskurve (yield curve) verzeichnet ab Laufzeit von 10 Jahren wieder positive Erträge, Graph: SIX

Donnerstag, 9. März 2017

Europäische Staatsanleihen mit Negativ-Rendite

Das Universum der Staatsanleihen, die mit einer Negativ-Rendite gehandelt werden, hat sich wieder ausgedehnt.

Der gesamte Wert der Staatsanleihen mit negativer Rendite hat per Ende Februar nachdem Ausverkauf im Anschluss der US-Präsidentschaftswahl erneut 10'000 Mrd. USD überstiegen, wie FT aus London mit Hinweis auf die Daten von Tradeweb berichtet.

Im vergangenen September wurden europäische Staatsanleihen im Umfang von 14'000 Mrd. EUR mit einer negativen Rendite gehandelt.

Mit den sich verschlechternden Anzeichen einer globalen Konjunkturerholung stieg damals die Nachfrage nach sicheren und liquiden Papieren so stark, dass sich daraus ein Spitzenwert im Volumen von Staatsanleihen, die mit Negativ-Rendite gehandelt werden, ergab.

Nachdem die Wahl von Donald Trump im November die Erwartungen über einen bevorstehenden Wachstumsschub geschürt hat, sind die Bond Preise unter die Räder geraten.

Das politische Vokabular („Investitionen in Infrastruktur, Steuersenkungen, Deregulierung“) hat dabei die Rendite der Staatsanleihen in die Höhe schnellen lassen. 


Europäische Staatsanleihen, die mit Negativ-Rendite gehandelt werden, Graph: FT

Mittwoch, 8. März 2017

Erneut negative Lauftzeitprämie für US-Staatsanleihen

Die US-Notenbank deutet seit geraumer Zeit an, die Zinsen zu erhöhen, wie Janet Yellen, die Fed-Präsidentin vergangene Woche mit Nachdruck noch einmal unterstrichen hat.

Es ist vor diesem Hintergrund bemerkenswert, dass das US-Schatzamt Überlegungen anstellt, in Zukunft Staatsanleihen mit 50 oder 100 Jahren Laufzeit zu begeben.

Ferner ist es ein offenes Geheimnis, dass China in den letzten Monaten des vergangenen Jahres Haufen US-Treasury Bonds verkauft hat.

Dennoch erfolgt der Anstieg der Renditen der US-Staatspapiere in geordneten Bahnen. Warum? Weil die Nachfrage nach US-Treasury Bonds (UST) nicht abreisst.

So lässt sich teilweise auch die jüngste Entwicklung am Markt für Staatsanleihen erklären: 

Die Laufzeitprämie für UST ist Ende Februar wieder in den negativen Bereich gerutscht, wie die Daten der Fed New York nahelegen: -0,0164% (*).


Laufzeitprämie für US-Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit, Graph: Bloomberg

Dienstag, 7. März 2017

Chinas Bankensystem übertrifft Europa

Chinas Bankensystem hat, gemessen an Vermögenswerten (assets), das der Eurozone übertroffen. Das hat FT aus London am Montag berichtet.

Es ist ein Zeichen sowohl für den verstärkten Einfluss des Landes im Kreditgeschäft weltweit als auch seine Abhängigkeit von der Fremdfinanzierung, um das Wirtschaftswachstum seit der globalen Finanzkrise zu fördern, kommentiert die britische Wirtschaftszeitung weiter.

Bemerkenswert ist, dass Chinas BIP die Wirtschaftsleistung der EU im Jahr 2011 übertroffen hat.

Die aktuelle Entwicklung unterstreicht die erhöhte „finanzielle Vertiefung“ (financial deepening) des Landes. Die entscheidenden Faktoren sind sicherlich die expansive Geldpolitik und das Konjunkturpaket (fiscal stimulus).

Die Vermögenswerte (assets) der chinesischen Banken belaufen sich nun insgesamt auf rund 33'000 Mrd. USD.

Im Vergleich: Eurozone: 31'000 Mrd. USD, USA: 16'000 Mrd. USD und Japan: 7'000 Mrd. USD.


Chinas Banken überholen Rivalen, Graph: FT

Samstag, 4. März 2017

Die Fed räumt die Stimulus-Party auf


Janet Yellen hat am Freitag in Chicago mit Nachdruck hervorgehoben, den geldpolitischen Kurs demnächst zu straffen.

Eine Zinserhöhung sei wahrscheinlich angebracht, falls „sich der Arbeitsmarkt und die Inflation weiterhin gemäss unserer Erwartung entwickeln“, sagte Fed-Präsidentin.

Die Fed hat den Leitzins zuletzt im Dezember auf das gegenwärtige Niveau von 0,5% bis 0,75% angehoben. Der nächste Zinsschritt dürfte nun am 15. März erfolgen.

Investoren preisen mittlerweile eine Straffung der Zinszügel auf mehr als 80% ein. Zu Wochenbeginn wurde die Chance noch mit 40% eingestuft. 

Während der Aktienmarkt Yellens Aussage relativ positiv aufgenommen hat, mutet die Entwicklung am Anleihemarkt viel anregender an.

Obwohl die Fed den punch bowl (Bowlenschüssel) aufräumt, damit die „Stimulus-Party“ nicht all zu heiss läuft, sendet der Bond-Markt pessimistische Signale.


Die US-Ertragskurve wird flacher, gemessen an 5y30y UST Spread, Graph: Lisa Abramowicz, Bloomberg

Donnerstag, 2. März 2017

Unterbeschäftigung im Euroraum

Gemäss Schätzung von Eurostat am Donnerstag waren im Januar 2017 in der EU28 insgesamt 19,9 Millionen Männer und Frauen arbeitslos.

Die hohe Arbeitslosenquote deutet darauf hin, dass Investitionen und Ausgaben im Euroraum nicht ausreichen, um die Arbeitslose zu beschäftigen.

Es gibt keinen "Planeten B"; die Menschen brauchen einen Job zum Broterwerb. Wenn man so will, bleibt der Euroraum in einem Zustand des Ungleichgewichts der Unterbeschäftigung.

Eine Arbeitslosenquote 9,6% ist angesichts der seit langer Zeit nahe Nullgrenze liegenden Nominal-Zinsen abnormal hoch.

In einer Welt, wo nicht die Kreditgeber, sondern die Kreditnehmer bezahlt werden (Stichwort: Negativ-Zinsen), ist es vollkommen bizarr, annähernd 20 Mio. Arbeitslose zu haben.

Mit Austerität ist keine Jobs zu schaffen. Kürzungen von Ausgaben (fiscal consolidation) im öffentlichen Sektor helfen daher nicht. 

Arbeitslosigkeit im Euroraum im Januar 2017, Graph: Eurostat