Samstag, 18. Januar 2014

Die globale Finanzkrise und die Instrumente der SNB

Die Zentralbanken sind an das vom Gesetzgeber erteilte Mandat gebunden. Es gibt jedoch einen gewissen Spielraum, damit die Zentralbanken für die Sicherung der Preisstabilität sorgen können.

In diesem Zusammenhang hat Thomas Jordan, SNB-Präsident am Donnerstag einen Vortrag in Zürich gehalten. Im Zentrum stand die Frage, ob die Zentralbanken nun im Sog der Finanzkrise von 2008  ihre Rolle überdenken und allenfalls neu interpretieren müssen?

Sein Fazit: Die Zentralbanken sind in ihrer Rolle als Feuerwehr bisher insgesamt erfolgreich gewesen. Die SNB hat als unabhängige Zentralbank weiterhin (I) die Preisstabilität zu gewährleisten und dabei (II) der konjunkturellen Entwicklung Rechnung zu tragen.

Jordan hat ferner zu den seit ein paar Jahren v.a. in den amerikanischen Wirtschaftsblogs oft diskutierten drei Vorschlägen Stellung genommen.

(a) Der SNB-Chef ist damit nicht einverstanden, die Preisstabilität breiter zu interpretieren: Es wäre falsch, neben Konsumentenpreisen auch Vermögenspreise zu umfassen. Die SNB soll die Entwicklung der Vermögenspreise und insbesondere der Immobilienpreise nicht vernachlässigen. 

Aber sie sollte nicht versuchen, Vermögenspreise mit Hilfe des Zinsinstrumentes zu stabilisieren, weil es mit der Preisstabilität zu einem Zielkonflikt führen kann. Laut Jordan kann Übertreibungen an den Immobilienmärkten mit makroprudenziellen Instrumenten entgegengewirkt werden.



Schweiz Produktionslücke (output gap), Graph: SNB Quartalsheft 4/2013

(b) Jordan hat auch die Frage, ob die von den meisten Zentralbanken angestrebten Inflationsziele nicht zu tief angesetzt worden sind, zurückgewiesen. Dem Argument, dass höhere Inflationsziele in schweren Krisen, wenn die nominalen Zinsen auf der Null-Grenze liegen, den Spielraum der konventionellen Geldpolitik vergrössern würden, kann Jordan nach eigenen Worten nicht folgen. Die zinspolitische Nullgrenze habe sich nicht als unüberwindbares Hindernis für die Geldpolitik herausgestellt. 

(c) Jordan kann sich auch mit dem Vorschlag, das Kriterium der Preisstabilität durch weitere Richtgrössen (Beschäftigung und Wachstum) zu ergänzen, nicht anfreunden. Wachstum und Beschäftigung seien selbstverständlich zentrale volkswirtschaftliche Grössen. 

Die SNB habe bereits das Mandat, der konjunkturellen Entwicklung Rechnung zu tragen. Konkrete Vorgaben für Wachstum und Beschäftigung würden Erwartungen schüren, denen die SNB auf Dauer nicht genügen könnte. Die Geldpolitik eigne sich nicht für eine Feinsteuerung der Wirtschaft.



Schweiz Kerninflation (core inflation), Graph: SNB Quartalsheft 4/2013


Es ist interessant, bei dieser Gelegenheit kurz zusammenzufassen, wie die SNB mit der Umsetzung ihres Mandates in den letzten Jahren vorgegangen ist. Die SNB hat auf Dimensionen gestossen, die früher unvorstellbar gewesen wären:

(1) Die SNB hat zunächst als Antwort auf die Krise die Zinsen bis auf null gesenkt.

(2) Dann hat sie als lender of last resort dem Bankensystem in Zusammenarbeit (swap lines, längerfristige Repo-Geschäfte) mit anderen Zentralbanken umfangreiche Liquiditätshilfe gewährt.

(3) Auf der Null-Grenze (zero lower bound) hat die SNB auf unkonventionelle (QE, Forward Guidance) und neuartige Instrumente (StabFund und Mindestkurs) zurückgegriffen: mengenmässige Lockerung der Geldpolitik (QE: quantitative easing)

(4) Besonders erwähnenswert ist die Festlegung eines Mindestkurses von 1,20 EUR pro CHF. Um dem Deflationsrisiko, das durch die übermässige Aufwertung des CHF ausgelöst wurde, entgegenzuwirken, hat die SNB massiv am Devisenmarkt interveniert.

(5) Die Bilanzsumme der SNB, die sich Ende 2006 auf rund 100 Mrd. CHF belief, weitete sich bis auf fast 500 Mrd. CHF aus.

(6) Neben quantitative easing hat die SNB aber auch qualitative easing betrieben: Der Anteil der Aktien im Portfolio (1‘600 Einzeltitel) wurde auf 12% erhöht.

(7) Um die Finanzstäbilität zu erhalten, hat die SNB ferner makroprudenzielle Massnahmen getroffen: (a) Der antizyklische Kapitalpuffer (CCB: countercyclical capital buffer) und (b) die Festlegung von Eigenkapital-Anforderungen für die systemrelevante Banken (TBTF: too big to fail).

Die SNB verfolgt die internationale Debatte um die Geldpolitik und agiert nach einem Motto „Vorbeugen is besser als Heilen“. Und die SNB legt selbst grossen Wert auf die Kommunikation, z.B. in Form von Referaten und nicht zuletzt in regelmässiger Ankündigung einer bedingten Inflationsprognose.


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