Sonntag, 31. März 2013

Mario Draghis Ideologie von der Wirtschaft


EZB-Präsident Mario Draghi hat auf dem Euro Summit am 14. März in Brüssel in einer Präsentation („Euro area economic situation and the foundations for growth“) versucht, die wahren Gründe für die Euro-Krise zu zeigen und die dafür erforderlichen Gegenmassnahmen vorzustellen.

Wie Andrew Watt in einem lesenswerten Artikel in Social Europe Journal bemerkt, standen zwei Abbildungen im Vordergrund.

Das Produktivitätswachstum in den Überschussländern (Österreich, Belgien, Deutschland, Luxemburg, Niederlande) ist höher als in den Defizitländern (Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Portugal, Spanien). Aber das Lohnwachstum war in der letzteren Gruppe viel schneller. Strukturreformen und Lohnzurückhaltung führen zum Erfolg. Strukturelle Verkrustungen und gierige Gewerkschaften führen zum Scheitern, legt Watt dar.

Draghis Präsentation enthält aber einen einfachen, aber schwerwiegenden Fehler, fügt Watt im gleichen Atem hinzu. Die Produktivität wird in der Abbildung in realen Werten ausgedrückt, die Löhne hingegen in nominellen Werten. Mit anderen Worten sind die Werte im Hinblick auf die Produktivität preisbereinigt, d.h. Inflation umfassend. Die Werte im Hinblick auf die Löhne sind es jedoch nicht.

Das ist natürlich absurd. Warum? Weil das reale Produktivitätswachstum die Massstäbe für den Anstieg der Reallöhne setzt. In einem Land, wo die Reallöhne im Einklang mit der Produktivität wachsen, bleiben die Anteile der Löhne und der Gewinne am Volkseinkommen konstant, erklärt Watt:


Entwicklung der Löhne und der Produktivität im Euro-Raum, Graph: Mario Draghi, EZB in: „Euro area economic situation and the foundations for growth“, March 2013

Samstag, 30. März 2013

Depression im Lichte von Diagnose und Fehldiagnose


Paul Krugman befasst sich in seinem Blog mit der Betrachtung (Diagnose und Fehldiagnose) der „Kleinen Depression“ (Lesser Depression).

Der Ausgangspunkt ist die Massenarbeitslosigkeit. Die grundlegende Analyse von Angebot und Nachfrage besagt, dass so was nicht passieren kann, weil die Preise steigen oder fallen, um die Märkte wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Was hat es aber mit dem offensichtlich massiven und anhaltenden Überschussangebot an Arbeit auf sich?

In der Regel ist es ein Zeichen dafür, dass der Markt aus dem Gleichgewicht ist, wie Krugman erklärt. Und die meisten Leute kommentieren das Chaos so, dass der eine oder der andere Preis aus irgendeinem Grund sich nicht anpasst. Die grosse Kluft kommt aber in dieser Hinsicht daraus, welcher Preis wohl nicht stimmt.

Auch wenn die Verfechter es abstreiten, vertritt die Austrian-Sicht (d.h. die angebotsorientierte Wirtschaftspolitik, die neoklassische Wirtschaftstheorie und die Schule mit der Betonung auf die Struktur) den Standpunkt, dass das Problem am Arbeitsmarkt liegt.

Die Anhänger der Angebotstheorie argumentieren folglich, dass die Löhne zu hoch sind, angesichts der Nachfrage nach Arbeitskräften. Einige davon akzeptieren die Vorstellung, dass die nominalen Löhne nach unten starr sind (wage rigidity). Die Arbeitnehmer werden demnach durch Sozialprogramme wie Lebensmittelmarken, Arbeitslosenunterstützung, Invaliditätsversicherung und was auch immer, die Schnorrer fördern, ermutigt, an nicht-haltbaren Löhnen festzuklammern.

Das ist natürlich absurd, wie wenn man behaupten würde, dass die Suppenküchen die Grosse Depression (Great Depression) verursacht hätten.

Was ist die alternative Sicht?

Schweizer Wirtschaft und flache Zinsstrukturkurve


Die Schweizer Zinsstrukturkurve wurde in den vergangenen Wochen flacher. Das bedeutet, dass die Marktteilnehmer keine Veränderung im Hinblick auf das vorherrschende Zinsniveau erwarten oder eher mit leicht fallenden Zinsen rechnen. Es kommt also nicht so sehr darauf an, ob man das Geld kurzfristig oder langfristig anlegt.

Der Rückgang der Inflationsraten führt dazu, dass die Zinsstrukturkurve flach bleibt. Die SNB hat die Inflationsprognosen zuletzt etwas nach unten korrigiert. Die erwartete durchschnittliche Jahresteuerung liegt nun um 0,1% (2013) bzw. 0,2% (2014) tiefer. Als Grund gelten die weiterhin rückläufige Importteuerung und der restriktive fiskalpolitische Kurs der EU.

Seit Jahresbeginn ergab sich 2013 bei allen Versteigerungen (insgesamt 13) von kurzfristigen Staatspapieren in CHF jeweils eine negative Rendite. Der Markt für CHF-Anleihen hat das Jahr 2013 mit einem Nennwertvolumen von rund 551 Mrd. CHF abgeschlossen. Das ist laut Credit Suisse („Swiss Fixed Income Market Guide“) ein neues Allzeithoch (*).

Die Rendite der langfristigen Staatspapiere orientiert sich i.d.R. am BIP-Wachstum (genauer gesagt am Produktionspotenzial). Die Auslastung der technischen Kapazitäten in der verarbeitenden Industrie ist im vierten Quartal 2012 weiter auf 80,1% gesunken, wie die SNB im Quartalsheft März 2013 berichtet. Sie liegt damit weiterhin deutlich unter ihrem langfristigen Durchschnitt. Mit dem schwachen BIP-Wachstum hat sich die negative Produktionslücke im vierten Quartal weiter geöffnet. Die Produktionslücke (output gap) lag im vierten Quartal 2012 bei -1,6%, nach -1,4% im dritten Quartal 2012.


Schweiz Zinsstrukturkurve, Graph: SIX Swiss Exchange

Freitag, 29. März 2013

Haushaltsdefizit und Zukunft der Kinder


Im Sog der Finanzkrise hörte man in den USA öfters das Argument, dass Amerika sich zu Griechenland verwandeln würde, wenn das Haushaltsdefizit nicht sofort abgebaut werden sollte.

Über die letzten Wochen gab es einen bemerkenswerten Wandel in der Position der Defizit-Schimpfer, unterstreicht Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Cheating Our Children“) am Freitag in NYTimes.

Es ist so, als ob jemand eine kurze Mitteilung verschickt hätte, dass die Chicken Little Aktivität mit ihren wiederholten Warnungen vor einer amerikanischen Schuldenkrise, die ja irgendwie nicht stattfindet, nun ihre Zwecklosigkeit überlebt hat, legt der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor dar.

Plötzlich hat sich das Argument gewandelt: Es geht nicht mehr um die Krise im nächsten Monat, sondern auf die lange Sicht darum, die Kinder nicht zu täuschen.

Es gibt nur ein Problem, so Krugman: Das neue Argument ist genau so schlecht wie das alte. Was stimmt mit dem Argument nicht? Zum Einen, dass es ein grundlegendes Missverständnis davon enthält, was die Schulden für die Wirtschaft bedeuten. Im Gegensatz zu fast allem, was man in den Zeitungen liest oder im Fernsehen sieht, machen die Schulden das Land nicht ärmer. Es handelt sich dabei um das Geld, das wir uns selbst schulden, betont Krugman.

Doch gibt es viel Wahrheit im Vorwurf, dass wir unsere Kinder täuschen. Aber wie? Indem wir öffentliche Investitionen vernachlässigen und versagen, Arbeitsplätze zu schaffen. Und gerade jetzt mit jeder Menge von arbeitslosen Bauarbeitern, die untätig sitzen, wäre es eine grossartige Zeit, die Infrastruktur aufzubauen. Doch fallen die öffentlichen Investitionen seit dem Beginn des Abschwungs geradezu zusammen.

Kapitalverkehrskontrollen: Island und Zypern


Die Banken haben in Zypern erstmals seit dem 16. März wieder geöffnet. Es gelten neue Vorschriften, die den Zugang zu Geld beschränken.

Jeder Einwohner darf am Tag höchstens 300 Euro abheben. Überweisungen ins Ausland und Zahlungen mit Kreditkarten im Ausland sind pro Person und pro Bank auf 5‘000 Euro beschränkt. Die zypriotischen Bürger dürften pro Auslandsreise maximum 1‘000 Euro Bargeld mitnehmen. Für Beträge bis zu 200‘000 Euro muss eine Genehmigung bei der Zentralbank eingeholt werden.

Die Börse bleibt geschlossen. Die Verbitterung ist verständlich. Die Einschränkungen gelten laut Notenbank zunächst für vier Tage, also vorübergehend. Ein anderes Land war aber auch gezwungen, infolge einer schweren Krise „temporäre“ Kapitalverkehrskontrollen zu implementieren: Island.

Die isländische Regierung, die Zentralbank und der IWF hielten es für notwendig, Kontrollen einzuführen, weil viele Ausländer und wohlhabende Isländer das Vertrauen in die Wirtschaft des Landes verloren hatten und nur noch ihr Geld ausser Landes schaffen wollten. Die Kapitalflucht hätte katastrophale Folgen für die Wirtschaft, sodass die isländische Regierung Kapitalverkehrskontrollen beschlossen hat.

Die Behörden sagten damals, dass die Kontrollen nur temporärer Natur wären und in der Reichweite begrenzt würden, nur ein paar Wochen oder im schlimmsten Fall ein oder zwei Monate. Ein halbes Jahrzehnt später gilt die Verhängung von temporären Kontrollen des Kapitalverkehrs in Island immer noch, schreibt Jon Danielsson in einem Artikel („The capital controls in Cyprus and the Icelandic experience“) in voxeu.

Es war das zweite Mal, dass Island „temporäre“ Kapitalkontrollen umgesetzt hat. Das erste Mal war in den 1930er Jahren, was bis 1993 anhielt. Sobald Kapitalverkehrskontrollen auferlegt werden, sind sie schwer, abzuschaffen, und eine vorübergehende Anordnung endet i.d.R. als permanent, hebt der Autor hervor.

Donnerstag, 28. März 2013

Warum hat die EU nicht so etwas wie die FDIC?


Hätte die EU eine Variante der Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC: Einlagensicherungsbehörde) mit einem regelbasierten Ansatz zur Abwicklung von Banken gehabt, wo die Kleinsparer volles Vertrauen geniessen, dass ihre Einlagen vollständig geschützt sind und andere Arten von Anlegern verstehen, dass sie womöglich Verluste mittragen müssen, hätte Jeroen Dijsselbloem, der Chef der Eurogruppe sich die verbalen Verdrehungen (in zahlreichen Interviews, schriftlichen Erklärungen und Fernsehauftritten)  in den vergangenen Tagen ersparen können.

Und Dirk Elsner hätte im Blick Log keine Lanze für eine durch den niederländischen Politiker vertretene nicht-durchdachte „Rettungsaktion“ der EU brechen müssen. Die EU hat allem Anschein nach keine Pläne, was zu tun ist, wenn wieder wirklich schlimme Sachen passieren.

Die FDIC hat sehr klare durch Satzung festgelegte und durch Präsendenzfall verstärkte Regeln, wie Simon Johnson in einem lesenswerten Artikel („The debate on bank size is over“) in NYTimes unterstreicht.

Die Behörde weiss, wie man eine kleine oder mittelgrosse Bank ohne makroökonomische Seifenoper und nationale Katastrophe schliesst. Man errinnere sich an das Scheitern von Indy Mac Bancorp im Jahr 2008. Die Bank hatte zu diesem Zeitpunkt Vermögenswerte in Höhe von 32 Mrd. US-Dollar.

Johnson betont, dass der Fall Zypern zeige, dass die Diskussion über die Beschränkung der Grösse der grössten Banken längst vorbei ist. Denn die Argumentation, dass es auf die Grösse und Reichweite von Banken nicht ankomme, ist inzwischen widerlegt worden, was nun durch den Fall Zypern endgültig verdeutlicht wird, hebt der an der MIT Sloan School of Management lehrende Wirtschaftsprofessor hervor. 

Wie zuletzt Ben Bernanke, Fed-Präsident auf einer Pressekonferenz offenbart hat, stellen die TBTF-Banken in der Tat ein reales Problem dar: Elizabeth Warren hat 100% Recht.

Mittwoch, 27. März 2013

Zypern: Ist der Euro eine Falle?


Abgesehen von allen Fragen im Hinblick auf den politischen Realismus vertritt Paul Krugman in seinem Blog die Meinung, dass Zypern den Euro verlassen soll, und zwar jetzt.

Der Grund ist einfach: Im Euro zu bleiben, bedeutet eine unglaublich schwere Depression, welche mehrere Jahre dauern dürfte, während Zypern versuchen müsste, einen neuen Export-Sektor aufzubauen. Den Euro zu verlassen, und dann die neue Landeswährung abwerten zu lassen, würde den Aufbau stark beschleunigen.

Betrachtet man Zyperns Handelsprofil, stellt man schnell fest, wie viel Schaden das Land ertragen muss. Es handelt sich dabei um eine sehr offene Volkswirtschaft mit zwei grossen Export-Sektoren: Banking Dienstleistungen und Tourismus. Und einer davon verschwindet nun in Folge der Krise, was eine schwere Rezession hinterlassen wird. Obendrein verlangt die Troika neue Austeritätsmassnahmen, auch wenn das Land angeblich einen ausgeglichenen Primär-Saldo hat. Infolgedessen wäre es laut Krugman keine Überraschung zu sehen, dass die Wirtschaftsleistung (BIP) des Landes um 20% schrumpft.

Zypern braucht einen Tourismus-Boom sowie einen schnellen Anstieg der Ausfuhren. Der offensichtliche Weg dahin führt über eine grosse Abwertung (devaluation). Dasselbe Ziel liesse sich auch durch die Kürzung der Nominallöhne erreichen. Aber es würde viel länger dauern und einen enormen menschlichen und ökonomischen Schaden anrichten, erklärt Krugman weiter.

Ist es aber möglich, den Euro zu verlassen? Die Barry Eichengreen-Hypothese ist hier irrelevant, betont Krugman. Die Banken sind geschlossen und der Kapitalverkehr wird kontrolliert. Denn selbst ein Hauch von Exit-Überlegungen aus dem Euro würde eine panikartige Kapitalflucht und Bank Runs auslösen. Der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor würde daher die Bank Holiday verlängern, um die neue Währung vorzubereiten.

Warum kümmern sich Politiker nicht um die Arbeiterklasse?


Wenn wir sicherstellen wollen, dass unsere Kinder und Enkel die hellste mögliche Zukunft haben, ist die Staatsverschuldung nicht das wichtigste Problem, welches angegangen werden muss, schreibt Mark Thoma in einem lesenswerten Artikel („Why Don’t Politicians Care about the Working Class?“) in The Fiscal Times.

Die Umsteuerung der Polarisation des Arbeitsmarktes (die Aushöhlung der Mittelschicht und der damit zusammenhängende Anstieg der Ungleichheit in den vergangenen 30 Jahren) ist viel wichtiger, hebt der an der University of Oregon lehrende Wirtschaftsprofessor hervor.

Aber die von Geld getriebene Politik und eine politische Klasse, die alles über die Arbeiterklasse übersehen, standen im Weg des Fortschrittes im Hinblick auf dieses wichtige Problem. Insbesondere die Demokraten haben vergessen, wen sie vertreten sollen, argumentiert Thoma weiter.

Chinas Kreditwachstum und Entwicklungsländer


Das Kreditwachstum während einer wirtschaftlichen Expansion ist nicht ungewöhnlich. Warum gibt es aber Bedenken hinsichtlich Chinas Kreditwachstum nur wenige Monaten nach einer wirtschaftlichen Erholung?

Manoj Pradhan von Morgan Stanley legt vor diesem Hintergrund nahe, einen Blick auf das Kreditwesen und die Geldpolitik in der Türkei und Brasilien zu werfen, um eine angemessene Antwort auf diese Frage zu geben.

Denn die Entscheidungsträger in den sog. Entwicklungsländern (EM: emerging markets) setzen sich damit auseinander, wie ein aggressives Kreditwachstum verhindert und wie ein frischgebackenes Wirtschaftswachstum gleichzeitig gefördert werden kann.

Es kommt darauf an, wie das Kreditwachstum erfolgt, bemerkt Pradhan. Wenn es durch das Schatten-Bankensystem (shadow banking system) geht, dann ist ein Grund für die Besorgnis. Ein weiterer Grund ist, dass die Kreditvergabe aus dem Schatten Bankensystem und sogar auch aus dem regulären Banken-System ihren Weg in weniger produktive Tätigkeiten gefunden haben könnte.

Chinas Regulierungsbehörden schicken sich nun an, darauf zu reagieren, unterstreicht der Ökonom der US-Investmentbank.


Chinas Kreditwesen, Graph: Manoj Pradhan, Morgan Stanley, March 26, 2013

Dienstag, 26. März 2013

Finanzmarkt Schweiz


Das Schweizer Finanzdepartment (EFD) hat heute einen Bericht über die „Kennzahlen zum Finanzstandort Schweiz, März 2013“ veröffentlicht.

Der Verlauf der Krise ist mit Blick auf die Wertschöpfung des Finanzplatzes in Prozent des BIP erkennbar, lautet die Botschaft bereits im ersten Abschnitt des Berichts zur Finanzmarktanalyse.


Anteil des Finanzplatzes am Bruttoinlandprodukt (BIP) 2012, Graph: SIF, Staatssekretariat für internationale Finanzfragen, in: „Finanzstandort Schweiz, Kennzahlen“, March 26, 2013

Ist die Fed für niedrige Renditen verantwortlich?


Der Verlauf der Krise zeigt, dass das Haushaltsdefizit im Angesichts der Liquiditätsfalle, in der die Wirtschaft steckt, nicht zu einem Anstieg der Zinsen führt und damit keine Inflation auslöst, was es im Grunde genommen in jedem Lehrbuch (Macro Economics) steht.

Alan Greenspan war aber vom Defizit so besessen, dass er es vor rund drei Jahren in einem wunderlichen Artikel („US Debt and the Greece Analogy“) in WSJ bedauerlich erklärt hat, dass die Zinsen und die Inflation nicht durch die Decke schiessen.

Bemerkenswert ist daran, dass der ehemalige Fed-Präsident nicht bereit ist, zuzugeben, dass das Wirtschaftsmodell, welches er zu dieser Einschätzung zugrunde legt, falsche Signale senden könnte.

Darüber hinaus gibt es in diesem Zusammenhang eine fragwürdige ökonomische Vorstellung, wonach die Zinsen nicht steigen, weil die Fed am Markt US-Staatspapiere aufkauft. Und das Motto lautet: „Jeder weiss es, niemand widerspricht“, obwohl Ben Bernanke gerade neulich in einem   unbedingt lesenswerten Vortrag („Long-Term Interest Rates“) die Entwicklung der Renditen vor dem internationalen Hintergrund sachlich erläutert hat.

Die Ansicht, dass die Zinsen niedrig sind, nur weil die Fed die Staatsanleihen aufkauft, ist zumindest auf drei Ebenen falsch, bemerkt Paul Krugman in seinem Blog dazu.


Verlauf der Rendite der Staatsanleihen im Vergleich (USA und Frankreich), Graph: Prof. Paul Krugman

Montag, 25. März 2013

Der zypriotische Euro und der pessimale Währungsraum


Wenn die Austerität im Süden zumindest durch eine expansive Fiskalpolitik im Norden ausgeglichen worden wäre, wäre die fiskalpolitische Lage der Eurozone makroökonomisch neutral gewesen, schreibt Wolfgang Münchau in einem lesenswerten Artikel („Eurozone break-up edges even closer“) in FT.

Doch auch der Norden hat sich der Austeritätspolitik angenommen. Und die Eurozone hat heute in einer schweren Rezession einen primären Überschuss im Haushaltssaldo (primary fiscal surplus). Wie bizarr ist das!

Die Politik der asymmetrischen Anpassung durch die Austerität richtet den grössten Teil des Schadens in der Eurozone an, legt Münchau zu Recht dar.

Die zypriotische Regierung hat nun Kontrollen des Kapitalverkehrs beschlossen, um eine massive Kapitalflucht zu verhindern. Und die Banken bleiben geschlossen. In einem wichtigen Sinne hat Zypern damit den Euro verlassen, wie Tim Duy in seinem Blog beschreibt.

Zypern hat jetzt laut Paul Krugman eine nicht-konvertierbare Währung, den zypriotischen Euro.

Fall Zypern und Finanzglobalisierung


Wie auch immer das Endergebnis in der Zypern-Krise ausssieht, wissen wir, dass es hässlich sein wird, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Hot Money Blues“) am Montag in NYTimes. Wir wissen nur nicht genau, welche Form die Hässlichkeit annehmen wird:

Der Inselstaat wird ziemlich drakonische Massnahmen im Hinblick auf Kapitalkontrollen innerhalb und ausserhalb des Landes treffen müssen. Und Zyperns Kapitalkontrollen werden wahrscheinlich durch den IWF abgesegnet, welcher bereits solche Kontrollen für Island gestützt hat, legt der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor dar.

Das ist laut Krugman eine bemerkenswerte Entwicklung. Es markiert das Ende einer Ära, da uneingeschränkte Bewegung des Kapitals auf der ganzen Welt als Norm akzeptiert war. Zum Teil reflektiert dies den Aufstieg der Ideologie des freien Marktes, der Annahme, dass es, wenn die Finanzmärkte das Kapital über die Grenzen hinaus bewegen wollen, einen guten Grund geben müsse, und die Bürokraten daher nicht im Weg stehen sollen.

Aber die Wahrheit ist, dass die uneingeschränkte Bewegung des Kapitals, wie schwer es für Ideologen ist, zu akzeptieren, nun wie ein fehlgeschlagenes Experiment aussieht.

Es ist jetzt schwer vorstellbar, aber mehr als drei Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg wird die Art von Finanzkrisen wie die letzte so vertraut mit Krisen, die kaum je passieren würden. Seit 1980 ist die Liste jedoch sehr beeindruckend: Mexiko, Brasilien, Argentinien und Chile im Jahr 1982. Schweden und Finnland 1991. Wieder Mexiko 1995. Thailand, Malaysia, Indonesien und Korea 1998.  Wieder Argentinien 2002. Und natürlich Island, Irland, Griechenland, Portugal, Spanien, Italien, Zypern.

Sonntag, 24. März 2013

Banken in Europa und Rückkehr von Alpha


Das Verhältnis von Darlehen zu Einlagen (loan/deposit ratio) ist im europäischen Bankensystem auf 117% gefallen und die Kernkapital-Quote (core Tier 1 ratio) ist auf 11,1% gestiegen, wie die Analysen von Morgan Stanley in einer am Freitag vorgelegten Forschungsarbeit („Banks Just Wanna Have Funds“) im Hinblick auf die Daten im IV. Quartal 2012 berichten.

Die Analyse zeigt, dass es es weitere Fortschritte im europäischen Banken-Sektor gibt, aber gemessen auf Länderebene variieren sich die Ergebnisse erheblich.

Der auseinandergehende Verlauf von Kreditvergabe und Einlagen legt nahe, dass die sog. „financial fragmentation“ in Europa nach wie vor das vorherrschende Thema ist.


Das Wachstum von Darlehen und Einlagen in den einzelnen EU-Ländern, Graph: Andrew Sheets, Morgan Stanley

Ausser Kontrolle geratene Banken auf der Insel


Die Situation in Zypern ist an dieser Stelle ziemlich klar, schreibt Paul Krugman in seinem Blog. Die Klarheit bringt aber keine Beruhigung. In der Tat sieht es so aus, als ob es Zypern gelungen wäre, alles, was anderswo schiefgelaufen ist, an einem Ort zu kombinieren:

(1) Ausser Kontrolle geratene Banken: Der zypriotische Banken-Sektor macht rund das 8-fache der Wirtschaftsleistung auf der Insel aus und die Bank-Branche basiert auf einem Geschäftsmodell, mit hohen Zinsen offshore-Gelder zu locken und günstige Möglichkeiten für Vermeidung und Hinterziehung von Steuern zu bieten.

Rund 40% der Spareinlagen in den zypriotischen Banken stammt aus nicht-ansässigen Kunden, was nahelegt, dass die ansässigen Sparer fast 500% des BIP des Inselstaates ausmachen. Das ist wahnsinnig, legt Krugman dar.

(2) eine grosse Blase am Immobilienmarkt, in der Grössenordnung wie die von Spanien und/oder Irland: Die Spekulationsblase ist noch nicht ganz geplatzt, argumentiert Krugman, was bedeutet, dass noch viele weitere Verluste bevorstehen. Und die Kombination aus der Immobilienblase und dem Einkommen aus dem zwielichtigen Banking führt zu Fehlallokationen wie z.B. zu Verzerrung von Preisen und Risiken, die falsch bewertet werden.

(3) Massive Überbewertung (overvaluation) im Hinblick auf Preise und Kosten, welche in Zypern viel mehr gestiegen sind als im Rest des Euro-Raums. Das Leistungsbilanzdefizit von Zypern belief sich im Jahr 2008 auf mehr als 15% des BIP!

Samstag, 23. März 2013

Die Grenzen der unkonventionellen Geldpolitik


Die Finanzkrise befindet sich im sechsten Jahr. Es ist schwer auszumachen, ob die jüngste Erholung an den Finanzmärkten nachhaltig ist oder nicht. Aber es steht sicher fest, dass die unkonventionelle Geldpolitik, auf die die US-Notenbank (Fed) nach dem Erreichen der Null-Zins-Grenze (zero lower bound) zurückgriff, viel dazu beitrug, das globale Finanzsystem zu stabilisieren.

Die unkonventionelle Geldpolitik hat jedoch auf beiden Seiten des Atlantiks eine enorme Ausweitung der Notenbankbilanzen zur Folge. Auch die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat zu ausserordentlichen Massnahmen gegriffen: Devisenmarktinterventionen, Erhöhung der Giroguthaben und die Festlegung des Mindestkurses von 1,20 CHF pro EUR. Das Ziel war, sich den Gefahren für die Schweizer Wirtschaft und die Preisstabilität entgegenzustemmen.

Vor diesem Hintergrund hat sich Fritz Zurbrügg, Mitglied des SNB-Direktoriums in einem interessanten Vortrag („Die Finanzkrise im sechsten Jahr: Ende in Sicht?“) am Donnerstag in Zürich mit dem Thema Geldpolitik bei der Stabilisierung des Finanzsektors und der Konjunktur befasst.

Die Stabilisierung des Finanzsektors ist zwar eine wichtige Voraussetzung für die Überwindung der Krise, aber keine Garantie für eine nachhaltige Erholung der Wirtschaft, unterstricht Zurbrügg.

Im Mittelpunkt des Referats stand die Frage, welche Risiken die ausserordentlichen geldpolitischen Massnahmen bergen. Zurbrügg hat drei davon hervorgeheben: (1) Vermögenspreisblasen, (2) Aufschieben von Strukturmassnahmen und (3) Instrumentalisierung der Notenbanken.


Bilanzen der Zentralbanken, Graph: Fritz Zurbrügg, SNB Geldmarkt-Apéro, March 21, 2013

Freitag, 22. März 2013

Neue Wetten mit Finanz-Derivaten?


War es nur eine Frage der Zeit, dass die Kreditmärkte sich erholen und Investoren sich wieder ein Herz fassen, an den Markt für verbriefte Produkte, die ja im Mittelpunkt der Subprime-Finanzkrise des Jahres 2008 standen, zurückzukehren?

Das WSJ berichtet von einem neuen private-label securitization-Deal: JP Morgan ist offensichtlich gelungen, eine neue Wertschrift im Wert von 616 Mio. $ zu verkaufen, und zwar eine Wertschrift, die an Hypotheken gekoppelt ist, welche keine Staatsgarantie enthalten.

Und Bloomberg schreibt über die Rückkehr von synthetischen Verbriefungen (synthetic securitization): Citigroup gehört zu den Banken, die 2013 synthetic collateralized debt obligations in Höhe von rund 1 Mrd. $ verkauft haben, nach 2 Mrd. $ im Vorjahr.

Zum Hintergrund: Die private-label mortgage securitization bedeutet, dass diese Produkte aus Wertschriften bestehen, die auf einem Pool von Hypotheken, die in den USA von keiner staatlichen Behörde gestützt werden, beruhen.

Die synthetic securitization umfasst Wertschriften, die aus einem Pool von Cash-Flows bestehen, welche die Verkäufer von CDS (credit default swaps: Kreditausfallversicherungen) aus dem Verkauf von diesen Derivaten erhalten.

Wie sicher sind aber solche neue Wertpapiere?

Zypern und Schatzinsel-Trauma


Steueroasen wie Zypern agieren heute trotz der Risiken für die Finanzstabilität ähnlich wie vor der globalen Finanzkrise.

Paul Krugman deutet vor diesem Hintergrund in seiner lesenswerten Kolumne („Treasurie Island Trauma“) am Freitag in NYTimes darauf hin, dass es vor ein paar Jahren ein von Nicholas Shaxson veröffentlichtes faszinierendes und schauriges Buch mit dem Titel „Treasure Islands“ gab.

Der Autor erklärt, wie internationale Steueroasen, welche über eine „geheime Gerichtsbarkeit“ verfügen, wo viele Regeln also nicht anwendbar sind, die Volkswirtschaften auf der ganzen Welt untergraben. Sie saugen nicht nur die Einnahmen der finanzschwachen Regierungen ab und aktivieren Korruption, sondern sie verzerren auch Kapitalströme, wodurch sie grössere Finanzkrisen ernähren.

Eine Frage, auf die Shaxson nicht eingeht, ist jedoch, was passiert, wenn ein verschwiegenes Rechtssystem (secrecy jurisdiction) selbst in die Luft fliegt. Das ist nun die Geschichte von Zypern, legt Krugman dar.

Was nun? Es gibt einige starke Ähnlichkeite zwischen Zypern jetzt und Island vor ein paar Jahren. Wie heute Zypern hatte Island einen riesigen Bankensektor, geschwollen durch ausländische Einlagen, was laut Krugman einfach „too big to bail out“ war. Islands Antwort war im Wesentlichen die Banken pleite gehen zu lassen, was diese ausländischen Investoren „ausgewischt“ hat, während die inländischen Sparer geschützt wurden. Und die Ergebnisse waren nicht so schlecht, erklärt Krugman.

Leider war Zyperns Antwort auf seine Krise ein hoffnungsloses Durcheinander. Zum Teil reflektiert es die Tatsache, dass es nicht seine eigene Währung hat, was die Insel abhängig von Entscheidungsträgern aus Brüssel und Berlin macht: Entscheidungsträger, die die Banken nicht fallen lassen wollen.

Donnerstag, 21. März 2013

Austerität und Risiken für das Wachstum


Die Schweizerische Nationalbank (SNB) trifft den Nagel auf den Kopf. Im heute präsentierten Quartalsheft steht bereits in der Einleitung zu lesen, dass die SNB für 2013 und 2014 ein leicht tieferes Wachstum der Weltwirtschaft progonostiziert als vor drei Monaten, hauptsächlich wegen der schwächeren Wachstumsperspektiven in der Eurozone:

„Die Binnennachfrage in der Eurozone wird weiterhin stark durch den restriktiven fiskalpolitischen Kurs, die sich verschlechternde Arbeitsmarktlage sowie die gedrückten Investitionsausgaben belastet“.

Diese Feststellung bedarf eigentlich keines weiteren Kommentars. Ein Blick auf die folgende von der SNB vorgelegten Abbildung zum Verlauf der Arbeitslosigkeit zeigt, in welchem langen und schmerzhaften durch die harsche Austeritätspolitik verursachten Schlamassel die Eurozone steckt.



Arbeitslosigkeit in der Eurozone 11,9%, Graph: SNB, Quartalsheft 1/2013

Deflation und unkonventionelle Geldpolitik


Es gibt in der Schweiz keinen Preisdruck. Die Preisentwicklung verläuft immer noch im deflationären Bereich. Die Kerninflation (core inflation) hat den 17. Monat in Folge einen negativen Wert verbucht.

Die negative Teuerungsrate (ohne frische und saisonale Produkte, Energie und Treibstoffe) bedeutet, dass die SNB genügend Spielraum hat, die unkonventionelle Geldpolitik fortzusetzen.


Schweiz: Kerninflation und der getrimmte Mittelwert (TM15), Graph: ACEMAXX-ANALYTICS, Data: SNB, Monthly Bulletin March 2013

PS: Der vorübergehende Anstieg der Teuerung im März 2011 ist im Wesentlichen auf einen Sondereffekt aufgrund eines höheren Erhebungsrythmus der Preise für Bekleidung & Schuhe zurückzuführen.

Mittwoch, 20. März 2013

Zypern: Russisches Roulette versus EU


Zypern muss bis Ende Monat 5,8 Mrd. Euro finden, um Finanzierungshilfe durch die Eurogruppe zu sichern und die Unterstützung der EZB aufrechtzuerhalten.

Welche Rolle spielt Russland dabei? Würde Russland ein Darlehen im Wert von 5,8 Mrd. Euro gewähren, würde damit das Risiko einhergehen, dass sich die Schuldenstandsquote (debt/GDP ratio) für Zypern verschlechtert, was der IWF davon abhalten würde, das Hilfspaket mitzutragen. Es ist jedoch nicht klar, ob Russland bereit ist, Zypern auf diese Weise zu unterstützen.

Andererseits ist der  zypriotische Finanzdienstleistungssektor (nach innen und aussen) für rund 25% der Direktinvestitionen (FDI) in Russland verantwortlich, wie Jacob Nell und sein Team von Morgan Stanley in einer heute vorgelegten Analyse berichten. Es bedeutet zugleich eine Hauptquelle von Darlehen für Russland: 203 Mrd. $.


Ein Drittel der Direktinvestitionen (FDI) in Russland stammen aus Zypern, Graph: Jacob Nell, Morgan Stanley

Austeritätspolitik zwischen Armen und Reichen


John Cogan und John Taylor schreiben in einem wunderlichen Artikel („How the House Budget Would Boost the Economy“) in WSJ, dass der Haushaltsplan von Paul Ryan expansiv sei, d.h. konjunkturfördernd, weil der Entwurf Vertrauen schaffe.

Es ist so, als ob alle Erfahrungen aus den letzten Jahren nur für die Katze wären, wo die Anhänger des „expansionary austerity“-Ansatzes nach wie vor vergeblich auf das Auftauchen der Confidence Fairy (Vertrauen Fee) warten, bemerkt Paul Krugman in seinem Blog dazu.

Heute braucht man sich darüber nicht den Kopf zu schütteln. Denn der Ryan-Plan ist offensichtlich lächerlich, argumentiert der Träger des Wirtschaftsnobelpreises weiter. Es ist peinlich, zu sehen, dass qualifizierte Ökonomen die Sache unterstützen, v.a. aber auch aus dem Grund, weil Cogan und Taylor eine grundsätzlich unaufrichtige Behauptung über den Stand der Forschung in der Volkswirtschaft aufstellen. Liest man den Artikel von Cogan und Taylor durch, hat man den Eindruck, als ob alle, die die Ansicht vertreten, dass eine restriktive Fiskalpolitik kontraktiv ist, über die Erwartungen nichts wüssten.

Die im Artikel unterstellte Vorstellung, dass die Keynesians nicht daran glauben, dass die Erwartungen der künftigen Bedingungen die Entscheidungen von heute beeinflussen, ist daher seltsam, unterstreicht Krugman. Sowohl alte keynesianische als auch neu keynesianische Modelle (z.B. wie das von Mike Woodford) berücksichtigen Erwartungen sehr wohl. Die Frage, die sich stellt, ist eher, warum die im WSJ-Artikel präsentierte Schlussfolgerung von Cogan und Taylor so sehr von der Schlussfolgerung von Woodford verschieden ist.

Fed-Bilanzsumme und historische Präzedenzfälle


Die Verlängerung der Fed-Bilanzsumme ist eines der auffälligsten Anzeichen der anhaltenden Finanzkrise von 2008. Da der amerikanische Leitzins seit vier Jahren nahe null liegt, kauft die Fed im Rahmen der QE-Politik Staatspapiere im Markt auf, um den lockeren geldpolitischen Kurs fortzufahren. Ziel ist, die gesamtwirtschaftliche Nachfrage wiederzubeleben.

Eine hohe Anzahl von Mainstream-Ökonomen bringt aber Skepsis zum Ausdruck, ob es der US-Notenbank später gelingen werde, eine Normalisierung der Geldpolitik zu bewerkstelligen, ohne dass es zu einem starken Anstieg der Inflation kommt.

Wie Vincent Reinhart, Morgan Stanley in einer am Freitag vorgelegten Forschungsarbeit („Fed Focus: Past Returns Sometimes Predict Future Performance“) darauf hindeutet, hat die Fed mit der mengemässigen Lockerung der Geldpolitik (QE: quantitative easing) nicht etwas noch nie da Gewesenes vorproduziert.

Die Fed hat mal in den 1930er Jahren auf der Null-Grenze (zero lower bound) verweilt. Die heutige Bilanzsumme in Höhe von rund 3‘000 Mrd. $ mag derzeit enorm erscheinen. Aber in der Depression und im Zweiten Weltkrieg war der entsprechende Wert der Fed-Bilanzsumme im Vergleich zum BIP sogar proportional grösser.


Fed-Bilanzsumme im historischen Verlauf, Graph: Vincent Reinhart, Morgan Stanley, March 15, 2013

Dienstag, 19. März 2013

Wie ist das IS-LM Modell zu verstehen?


(Nur für Streber)

Steve Keen behauptet in einem Beitrag („How Krugman lost equilibrium“) in Business Spectator, dass Krugmans Verständnis und Verwendung von IS-LM fehlerhaft ist.

Es ist bedauerlich, zu sehen, dass zwei weitsichtige Ökonomen, die die gegenwärtige Krise ziemlich ähnlich erklären und sonst keine Differenzen miteinander haben, über eine belanglose Nuance Zeit verschwenden.

Denn wie Paul Krugman in seinem Blog hervorhebt, hat es keinen Sinn, dass zwei Leute, die im Hinblick auf die anhaltende Krise im Grunde genommen keine Uneinigkeit an den Tag legen, einander bekämpfen. Es ist einfach dumm und völlig überflüssig. Da die Leserschaft darum bittet, geht der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor auf Keens Herausforderung doch ein.

Ausgangspunkt ist die Liquiditätsfalle, und zwar dargestellt anhand von IS-LM-Modell.

Keen bemerkt, dass der IS-Markt nicht im Gleichgewicht ist, wenn die Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle steckt. Krugman hingegen schreibe, als ob wir Gleichgewicht hätten.


Liquiditätsfalle, dargestellt im IS-LM Modell, Graph: Prof. Paul Krugman

Abenomics und Bilanz-Rezession


Richard Koo erklärt in einem lesenswerten Artikel („Monetary easing alone will not fix Japan“) in FT die „Abenomics“, die aus drei Säulen besteht: (1) geldpolitische Lockerung, (2) fiscal stimulus (Konjunkturprogramm) und (3) strukturelle Reform.

Die Märkte sind offensichtlich so beeindruckt, dass der Yen an Wert verloren hat und die Aktien kräftig gestiegen sind, bemerkt der Chief Economist von Nomura Research Institute.

Hintergrund: Shinzo Abe, der Präsident der japanischen Notenbank (BoJ: Bank of Japan) will mit einem aggressiven geldpolitischen Kurs die Wirtschaft des Landes aus der deflationären Spirale holen.

Die Ursache von Deflation und Wachstumsschwäche in den vergangenen zwei Jahrzehnten in Japan ist der Mangel an Kreditaufnahme im Privatsektor, betont Koo. Seit dem Platzen des Immobilienmarkt-Booms in den 1990er Jahren ringt der private Sektor mit einem immensen Schuldenberg (debt overhang). Die privaten Haushalte haben keine andere Wahl, als Schulden abzubauen oder zu sparen, auch wenn die nominalen Zinsen auf der Null-Grenze (zero lower bound) liegen.

Es gibt zwar seit 2005 eine Erholung im Privatsektor. Aber die Menschen sind nach wie vor mit der Bilanz-Bereinigung beschäftigt. Die Ersparnisse des Privatsektors belaufen sich in Japan auf 9% des BIP. In den USA 7%, in Grossbritannien 4% und in Spanien 8%. Die Zahlen sind im Angesicht der Null-Zinsen schwer zu verdauen. Wenn alle gleichzeitig die Gürtel enger schnallen, ergibt sich daraus eine deflationäre Spiral, die Koo als Balance Sheet Recession (Bilanz-Rezession) nennt.

Montag, 18. März 2013

Albtraum Insel, Banken und Euro-Krise


Die Finanz und Wirtschaft (F&W) liefert heute in der Tat den Chart des Tages: Anlagen (assets) der Banken im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung (BIP) des betreffenden Landes. 

Übersteigen die Vermögenswerte einer Bank die Leistungskraft der Volkswirtschaft, ist der Finanzsektor gefährdet. Der zypriotische Banken-Sektor macht sage und schreibe das Siebenfache des BIP des Inselstaates aus.

Vor diesem Hintergrund bietet Paul Krugman in seinem Blog eine interessante Beobachtung: Was ist mit den Inseln an der EU-Peripherie los? Ist es die Illusion der Isolation, die sich in ausser Kontrolle geratene Banken verwandelt?

Zypern hat auf alle Fälle offensichtliche Parallelen mit Island und Irland. Dazu kommt die Geldwäsche durch russische Gangster. Alle drei Inselstaaten hatten ein rasches Wirtschaftswachstum mit Banken-Oasen, wobei das Banken-System zu gross war, um gerettet zu werden.

In Island: 980%

In Irland: 440%

In Zypern: 800%

In allen drei Ländern waren die ausser Kontrolle geratenen Banken die Quelle der Krise.


Der Chart des Tages: Das Klumpenrisiko, Graph: Finanz und Wirtschaft (F&W)
Anlagen der Banken im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP)