Freitag, 1. Februar 2013

Austerität und Mister Goodpain


Die Verfechter der Austeritätspolitik können einfach nicht einräumen, dass eine kontraktive Politik kontraktiv ist. Und sie halten trotz Beweise an ihrem wirtschaftspolitischen Konzept fest.

Vor diesem Hintergrund  schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Looking for Mister Goodpain“) am Freitag in NYTimes, dass die Bedenken über das Haushaltsdefizit in der Tat stark übertrieben sind. Der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor hat in den vergangenen Monaten in seinem Blog die zunehmend verzweifelten Bemühungen der Defizit-Schimpfer mehrfach vor Augen geführt.

Heute bemerkt Krugman, dass er über eine andere, aber verwandte Art von Verzweiflung berichten will: der hektische Versuch, einige Beispiele irgendwo zu finden, dass die Austeritätspolitik funktioniere. Die Befürworter von Fiscal Austerity (die Austerians) haben Versprechungen sowie Bedrohungen gemacht, dass die Austerität die Krise abwenden und zum Wohlstand führen würde.

Und niemand kann Austerian einen fehlenden Sinn für Romantik absprechen. In der Tat haben sie auf der Suche nach Mr. Goodpain mehrere Jahre verbracht, schildert Krugman.

Die Suche hat mit einer leidenschaftlichen Affäre zwischen Austerians und der Republik Irland begonnen, was zu harschen Ausgabenkürzungen nach dem Platzen der Immobilien-Blase geführt hat. Und für eine Weile wurde es für das ultimative Exemplar der ökonomischen Tugend verkauft. Seither wird jede Höhernotierung des irischen Wirtschaftswachstums als Beweis dafür gefeiert, dass das Land sich erholt. Aber die Arbeitslosigkeit betrug in Irland im vergangenen Monat 14,6%.

Nach Irland kam Grossbritannien. Im Gegensatz zu Irland hat Grossbritannien keine besondere Notwendigkeit, Austeritätspolitik umzusetzen. Dennoch bestand die Regierung von Premierminister David Cameron darauf, dass die Austerität die Wirtschaft ankurbeln würde, durch Stärkung des Vertrauens. Was wirklich geschah, ist laut Krugman ein wirtschaftlicher Stillstand.

Zu diesem Zeitpunkt hätte man erwartet, dass die Befürworter von Austeritätspolitik die Möglichkeit prüfen würden, dass mit ihrer Analyse etwas schief gegangen ist. Aber nein. Sie suchen weiterhin nach neuen Helden und finden sie in den kleinen baltischen Ländern, v.a. in Lettland. Letten haben jedoch nur einen Teil des verlorenen Bodens wieder zurückgewonnen. Und die Arbeitslosigkeit beträgt dort immer noch 14%. Wenn dies die Idee der Austerians von einem Wirtschaftswunder ist, dann sind sie die „childern of a lesser god“  („Gottes vergessene Kinder“), legt Krugman dar.

Ach ja, und wenn wir die Erfahrung der kleinen Nationen als Beweismittel verwenden wollen, welche Wirtschaftspolitik funktioniert, dann darf das wahre Wirtschaftswunder nicht vergessen werden. Es ist Island, eine Nation, die am Ground Zero der Finanzkrise lag, aber dank Umsetzung von unorthodoxen wirtschaftspolitischen Massnahmen sich inzwischen fast vollständig erholt hat.

Was lernen wir aus der eher pathetischen Suche nach der Erfolgsgeschichte der Austeritätspolitik? Wir lernen, dass die Doktrin, die den elitären wirtschaftlichen Diskurs in den vergangenen drei Jahren beherrscht hat, völlig falsch ist. Es ist Zeit, die Defizit-Besessenheit beiseite zu legen und das reale Problem anzugehen, nämlich die unannehmbar hohe Arbeitslosigkeit.

Keine Kommentare: