Donnerstag, 5. Juli 2012

Libor Skandal – Bankers Skandal


Die Behörden sind aufgrund von langen Ermittlungen zum Schluss gekommen, dass Barclays die Marktzinsen manipuliert hat. Die britische Bank ist deshalb vergangene Woche zu einer Strafe von 290 Mio. Pfund verurteilt worden. Die Europäische Kommission ermittelt in dieser Angelegenheit seit Herbst 2011 wegen desselben Verdachts gegen andere Banken.

Bob Diamond, Chef der Bank ist daraufhin zurückgetreten. Mervyn King, der Gouverneur der Bank of England (BoE) und Adair Turner, der Chef der Financial Services Authority sollen den Rücktritt von Diamond telefonisch nahegelegt haben, berichtet FT aus London.

Diamond hat zunächst versucht, mit der Vorlage einer Notiz aus dem Jahr 2008, auf ein Telefongespräch mit Barclays von Paul Tucker, dem Vize-Vorsitzenden der Bank of England (BoE) hinweisend, den Eindruck zu hinterlassen, als ob die BoE von Libor-Manipulationen gewusst hätte.

Diamond hat sich jedoch in einer Anhörung im britischen Parlament in dieser Hinsicht ziemlich zurückgezogen. Er habe nicht gedacht, dass der Anruf eine Instruktion gewesen sei. Im Telefonat sei es um die Wahrnehmung gegangen, dass die Regierung aufgrund der Libor-Daten-Meldungen der Bank annehme, dass die Bank Refinanzierungsprobleme hätte, während die Bank sich angemessen refinanziert habe, so Diamond.

Zur eigenen Verteidung argumentierte Diamond aber, dass die Motivation gewesen sei, den Ruf der Bank (vor „negativer Spekulation“) zu schützen und nicht auf den endgültigen Referenzzinssatz Einfluss zu nehmen.

Obwohl die Bank zugibt, falsche Daten (d.h. im Klartext „zu tiefe“ Werte) für die Ermittlung des Libor-Satzes an den British Banker’s Association (BBA) gemeldet zu haben, vertritt Diamond die Ansicht, dass die Meldungen der anderen Banken damals im Angesicht der Marktturbulenzen relativ „zu tief“ gewesen seien. BBC berichtet, dass die britische Aufsichtsbehörde (FSA) inzwischen Diamond  in dieser Hinsicht „einen Lügner“ nennt.

Diamond beschuldigt im Grunde genommen die Regulierungsbehörden, gegen die Unterbietung von Daten für die Libor-Ermittlung nichts unternommen zu haben.

Der Libor ist der Referenzzinssatz, zu dem sich Banken untereinander kurzfristig Geld leihen. Der Libor, der als Referenz für Kredite an Unternehmen, private Kunden und diverse Finanzprodukte gilt, bildet weltweit die Basis für Wertpapiere im Volumen von 350‘000 Mrd. Euro. Es handelt sich dabei um eine Art Zinskosten für unbesicherte Bankdarlehen.

Zentralbanken verwenden Libor, um herauszufinden, wie viel Geld sie in das Finanzsystem pumpen müssen. Der Libor ist m.a.W. einer der wichtigsten Massstäbe, wenn nicht der wichtigste, für die finanzielle Stabilität. Herrschen Spannungen im Markt, erhöhen Banken die Zinssätze für unbesicherte Kredite an Kontrahenten. Für eine Zentralbank, die die Rolle von lender of last resort (Kreditgeberin der letzten Instanz) wahrnimmt, bedeutet das Ganze, parat zu sein, mehr Liquidität in das System zu schleusen, und zwar viel lockerer als in normalen Zeiten. Das Problem ist also, dass der Libor nicht ignoriert werden darf, wie Claire Jones in Money Suppy, Blog von FT schildert.

Die wahren Kreditkosten (Refinanzierungskosten) arglistig zu verschleiern, ist Manipulation und Preisabsprachen sind kriminell, wie Yves Smith in ihrem Blog hervorhebt.

Die grössten Opfer sind, zumindest in den USA, wie Darrell Preston (via Barry Ritholtz) in einem langen Bericht in Bloomberg erklärt, die Städte und andere Kommunen, die regelrecht skalpiert wurden.

Die in finanzieller Hinsicht ahnungslosen lokalen Behörden wurden von den Grossbanken ausgebeutet, wie Joseph Stiglitz beschreibt. Die Empörung gilt also nicht nur für die hohen Transaktionskosten, sondern auch für die Tatsache, dass das eingegangene Risiko von den betroffenen Behörden nicht verstanden wurde. Es ist daher laut Bill Black die grösste Preismanipulation in der Weltgeschichte. Robert Skidelsky sagte heute morgen in einem Interview mit Bloomberg TV, dass der Skandal zeige, wie korrupt der Bankensektor ist.

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