Sonntag, 24. Juni 2012

Dysfunktionale Geldmärkte im Euroraum


(Nur für Streber)

Die Geldmärkte des Euroraums sind seit Beginn der Krise durch eine Segmentierung gekennzeichnet: Banken, die reich an Cash sind und Banken, die arm an Cash sind.

Wie können die Geldmärkte aber wiederbelebt werden, sodass sie wieder richtig funktionieren?

Wie FT Alphaville ausführlich darlegt, werden seit 2007 Interbank-Kredite (interbank lending) durch die Zentralbank-Kredite ersetzt, weil Banken angesichts der unsicheren Konditionen und der längeren Laufzeiten immer zurückhaltender werden, aneinander Geld zu leihen.

Die Kernschmelze am Hypothekenmarkt (subprime crisis) hat zuerst Kredit-Instrumente getroffen. Mit dem Überschnappen der Spannungen auf die weltweiten Geldmärkte Anfang August 2007 hat die Krise eine systemische Form erreicht.

Der Stress hat sich alsbald im massiven Anstieg der Aufschläge für unbesicherte Kredite, die am stärksten Kreditrisiken von Gegenparteien ausgesetzt sind, materialisiert.

Der TED-Spread (d.h. die Differenz zwischen dem 3-Monats-Libor und dem OIS-Satz), der als verlässlicher Indikator für das Risikomass am Interbankenmarkt gilt, hat sich nach der Lehman-Pleite heftig ausgeweitet. Auch der Fluss der Liquidität von Banken, die reich an Cash sind, an die Banken, die arm an Cash sind, ist zum Erliegen gekommen. Die Banken haben angefangen, das überschüssige Geld bei den Zentralbanken zu parken, anstatt es an andere Banken als Gegenleistung für Zinsen zu leihen. Die cash-armen Banken waren dadurch gezwungen, die Liquidität bei der Zentralbank zu beschaffen.


LIBOR-OIS-Spread und Euribor-Spread, Graph: Benoit Coeuré, Mitglied des Direktoriums der EZB

Die Spannungen an den Geldmärkten veranlassten die Banken, die Geldmarkt-Finanzierung mit Mitteln der Zentralbank zu ersetzen. Die Zentralbanken wurden auf diese Weise zum Vermittler (intermediaries) für den Interbankenhandel, wie an der wachsenden Bilanzsumme der Notenbanken zu erkennen ist.

Benoit Coeuré, Mitglied des Direktoriums der EZB denkt nicht unbedingt, dass die Einlagen bei der Zentralbank per se ein Problem darstellen, da sie aus buchhalterischen Besonderheiten entstehen.

Dennoch fiel die Kreditvergabe über Nacht (over night) ,da die Banken sich aus dem unbesicherten Markt zurückzogen. Das Stressausmass dafür ist der Euribor-EOINA-Spread.

Coueré redet von einem „run on repo“ in den USA, was eine Kontraktion im Repo-Geschäft bedeutet, plus erhöhte Abschläge (haircuts) für Sicherheiten (collateral). In Europa hingegen findet das Repo-Geschäft zunehmend mit gesicherten Krediten statt, plus eine Zerspitterung der Geldmärkte entlang der nationalen Grenzen.  Die Streuung des Zugangs der Banken zu Finanzierungsmitteln im Euroraum nimmt folglich zu, wobei die Banken in den von der Finanzkrise besonders stark angeschlagenen Volkswirtschaften es schwer haben, selbst den Handel mit besicherten Krediten aufrechtzuerhalten. Das bedeutet am Ende, dass die Abhängigkeit des Bankensystems vom Zentralbankgeld zunimmt.


Cash Kredithandel in der Eurozone in Bezug auf die Laufzeit des Geschäftes, Graph: Benoit Coeuré, Mitglied des Direktoriums der EZB

Deswegen sind Massnahmen durch die Zentralbanken nötig, um die Kreditklemme zu unterbinden. Was ist aber konkret zu tun? Laut Coueré gibt es zwei Arten von Massnahmen. Die eine ist, die Bankbilanzen zu stärken und die andere ist, den sich selbst verstärkenden Kreislauf (loop) zwischen Banken und Staatsanleihen zu durchbrechen und zu einer einheitlichen Aufsicht auf europäischer Ebene überzugehen.

Die Eurozone wird zwar als ein Raum bezeichnet, wo der Zinssatz durch die EZB festgelegt wird. Aber wie FT Alphaville unterstreicht, kann die Finanzierung auf einem dysfunktionalen Geldmarkt die Auswirkung entfalten, dass die cash-reichen Banken im Norden die Liquidität an sich ziehne, währen die cash-armen Banken im Süden sich den Kredit bei der Zentralbank besorgen müssen.

Wenn das der Fall ist, dann kommt die niedrige (ungesicherte) Kreditvergabe an die Peripherie nicht durch, was nahelegt, dass der Repo-Satz als Zielgrösse für die Interventionen der Zentralbanken mehr an Bedeutung gewinnt.

PS:

Es gibt grundsätzlich drei Instrumente am Geldmarkt: (1) Federal Funds (Leitzins), (2) Eurodollars, und (3) Repo und

es gilt in Bezug auf den Zinssatz: Reposatz < FF Satz < Eurodollar Satz.

PPS:

(a) Der Aufschlag für unbesicherte Kredite:

TED-Spread= 3 Monats-Libor – Rendite 3 Monats US-Schatzwechsel

(b) Der Aufschlag für besicherte Kredite (USA):

Libor-OIS Spread= 3 Monats Libor – OIS-Satz

(c) Der Aufschlag für besicherte Kredite (Euroland): Euribor-Spread.

Keine Kommentare: