Montag, 2. April 2012

Rosa-Schleime Wirtschaftspolitik


Die Republikaner im Repräsentantenhaus haben am Donnerstag ihren Haushaltsentwurf verabschiedet. Es ist sicherlich das meist betrügerische Budget in der amerikanischen Geschichte, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Pink Slime Economics“) am Montag in NYT.

Wenn Krugman von betrügerisch (verlogen, arglistig) redet, meine er es auch so, betont der Träger des Wirtschaftsnobelpreises. Das Problem mit dem von Paul Ryan ausgedachten Haushaltsentwurf ist nicht nur seine fast unvorstellbar grausame Prioritäten, wie er Steuern für Konzerne und Reiche streicht, während die Lebensmittel- und medizinische Hilfen für die Bedürftigen drastisch abgebaut werden, sondern die angebliche Verringerung des Defizits, welche vollständig von der Behauptung abhängt, dass durch die Schliessung von Steuerschlupflöchern Billionen von Dollar an Einnahmen generiert werden können.

Die Rede ist also von Schliessungen von Steuerschlupflöchern. Wie Howard Gleckman von überparteilichen Tax Policy Center darauf hinweist, müsste der republikanische Kongressabgeordnete Ryan bis 2022 genügend Schlupflöcher schliessen, um jedes Jahr rund 700 Mrd. $ an Einnahmen zu generieren.

Von welchen zu schliessenden Schlupflöchern redet Ryan, der ein 98-seitiges Manifest im Namen eines Haushaltsentwurfs vorgelegt hat?

Keine. Nicht eine einzige, hebt Krugman hervor: Ryan hat jedoch kategorisch ausgeschlossen, die hauptsächlichen Schlupflöcher, die Reichen zu Gute kommen, zu schliessen, nämlich die ultra-niedrige Steuersätze auf Kapitaleinkommen. Das ist die Lücke, die Mitt Romney ermöglicht, nur 14% seines Einkommens zu versteuern.

Was ist also von Ryans Vorhaben zu halten? Gleckman nennt es ein „mystery meat budget“. (PS: Amerikaner nennen das Fleisch unbekannter Herkunft, oft von minderwertiger Qualität „mystery meat“). Krugman meint, dass der Füllstoff der modernen Lebensmittelhersteller ekelhafte rosa Schleim (pinkslime) enthalten mag, aber es sei dennoch Nährwert, Ryans leere Vorhaben hingegen nicht.

Das heisst, dass Ryans Haushalt verlogen ist. Sein Plan würde das Defizit vergrössern, auch wenn es im Namen der Defizitverringerung riesige Schmerzen verursachen würde. Krugman nennt es daher „pink slime economics“.

Was ist hier also los? Die Antwort ist vermutlich, dass es das ist, was passiert, wenn Extremisten die vollständige Kontrolle über den Diskurs einer Partei übernimmt, argumentiert Krugman. Und wenn Obama wieder gewählt wird, hat dieses verlorene Budget wichtige Implikationen für die künftigen politischen Verhandlungen.

Der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor erinnert daran, dass die Obama-Regierung viel des Jahres 2011 damit verbracht hat, einen sog. Grand Bargain („grossartige Übereinkunft“) mit Republikanern zu verhandeln, für einen parteiübegreifenden Plan zur Verringerung des Haushaltsdefizits auf lange Sicht.

Was wir laut Krugman aus dem letzten republikanischen Haushaltsentwurf lernen ist, dass die ganze Verfolgung eines Grand Bargain eine Zeitverschwendung und ein politisches Kalkül war. Ein nachhaltiger Haushalt-Deal kann nur funktionieren, wenn beide Partei Verantwortung tragen und erhlich sind. Und die republikanischen Abgeordneten im Repräsentantenhaus haben gezeigt, so klar, wie man sich wünschen kann, dass sie daran nicht interessiert sind.

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