Samstag, 17. September 2011

Hat der Euro eine Zukunft?

Die Euro-Krise ist eine Folge des Krachs von 2008, schreibt George Soros in einem lesenswerten Essay („Does the Euro Have a Future?“) in The New York Review of Books.

In einer denkwürdigen Sitzung der europäischen Finanzminister im November 2008 wurde beschlossen, eine Garantie dafür abzugeben, damit nach Lehman Brothers keine andere Finanzinstitution, die für das Funktionieren des Finanzsystems wichtig ist, scheitern darf. Dem Beispiel wurde von den USA Folge geleistet, beschreibt der amerikanische Investor und Manager vieler Hedge Fonds.

Angela Merkel hat darauf hin erklärt, dass die Garantie von jedem europäischen Staat einzeln gewährleistet werden sollte, und nicht von der EU oder der Euro-Zone als Ganzes.

Dies säte die Samen der Euro-Krise, weil es eine versteckte Schwäche im Bau des Euros aufgedeckt und aktiviert hat. Die Krise ist mehr als ein Jahr später im Jahr 2010 ausgebrochen, legt Soros dar. Die Euro-Krise ist im Vergleich zur Subprime-Krise noch komplizierter, ergänzt der Gründer des Quantum Fonds.

Bemerkenswert ist, wie bereitwillig sich Merkel für die Rettung der deutschen Banken eingesetzt hat. Warum hat sie aber dieselbe Sensibilität nicht für die Rettung eines kleinen EU-Mitglieds wie Griechenland an den Tag gelegt? Weil sie davon ausging, dass die Probleme der deutschen Banken auf ein Marktversagen zurückzuführen ist, während die Schwierigkeiten eines EU-Mitglieds aus fiskalpolitischer Unverantwortlichkeit herrührt? Es steht heute jedenfalls fest, dass die Kanzlerin innerhalb der Euro-Zone an Solidarität hat vermissen lassen, was die Krise deutlich verstärkt hat. Der mangelhafte politische Zusammenhalt ist sicherlich ein wichtiger Faktor für die Beschleunigung der Euro-Krise.

Die US-Finanzbehörden, die im Jahre 2008 auf die Finanzkrise reagiert haben, waren dort präsent, wo sie erforderlich waren. In der Euro-Zone fehlt es an einem gemeinsamen Schatzamt wie das US-Treasury, hebt Soros hervor.

Der politische Wille für ein gemeinsames europäisches Schatzamt war in Europa in erster Linie eine Mangelware. Seither hat sich der politische Zusammenhalt der EU verschlechtert, argumentiert Soros. Als Ergebnis gibt es keine deutlich sichtbare Lösung für die Euro-Krise. Die EU-Behörden versuchen, Zeit zu schinden.

Soros schlägt vor diesem Hintergrund vier Massnahmen vor: (1) Die Bankeinlagen sollen geschützt werden. Wenn ein in einer griechischen Bank hinterlegter Euro eines Kontoinhabers verloren ginge, hätte ein Euro in einer italienischen Bank weniger Wert als in einer deutschen oder niederländischen Bank. Es käme zu einem Bank Run in den angeschlagenen EU-Ländern, (2) einige Banken in den notleidenden EU-Ländern müssen am Leben erhalten werden, damit sie die gesamte Wirtschaft nicht in den Abgrund mitziehen, (3) das europäische Bankensystem muss rekapitalisiert und unter eine europäische Aufsicht gestellt werden, und (4) die Staatsanleihen der anderen Defizitländer müssen vor der Ansteckung geschützt werden. Die zwei letzten Punkte müssen gelten, auch wenn kein Land Zahlungsunfähigkeit (default) erklärt.

Das, alles kostet natürlich viel Geld. Was Soros nahelegt, ist ein neuer EU-Vertrag (new treaty), der den EFSF in ein vollwertiges Schatzamt umwandelt. Die Frage ist, ob Deutschland die deutsche Öffentlichkeit davon überzeugen kann. Kanzlerin Merkel ist wohl nicht fähig, die eigene Koalition von dem Argument zu überzeugen, aber sie ist auf die Opposition angewiesen, bemerkt Soros.

Soros, bei Karl Popper VWL studiert hatte, schlägt vor, dass (a) der EFSF die Bankeinlagen schützen  und (b) der IWF helfen soll, das europäische Bankensystem zu rekapitalisieren. Schliesslich soll der Europäische Rat (c) die EZB ermächtigen, in die Bresche zu sprengen. Das ist laut Soros der einzige Weg, eine mögliche Kernschmelze des Finanzsystems und eine neue Great Depression zu verhindern.

Keine Kommentare: