Freitag, 27. Mai 2011

Straffe Fiskalpolitik destabilisiert die britische Wirtschaft

Die Performance der britischen Wirtschaft ist im vergangenen Jahr keine Überraschung. Wenn Sie nach einer schweren Finanzkrise eine straffe Fiskalpolitik an den Tag legen, sagen sowohl die Geschichte als auch die Mainstream-Volkswirtschaftslehre, was zu erwarten ist und was wir bereits wissen: kein Wachstum des weit gefassten Geldmengenaggregats oder des Kredits, anhaltend hohe Zinsspannen für kleine Unternehmen und Haushalte, flacher oder schrumpfender Privatkonsum und Einzelhandel, Mangel an Bautätigkeit und sinkende Reallöhne.

Alle werden nur teilweise durch einige Expansion der Ausfuhren ausgeglichen. In einer solchen Situation sollten Sie wenig Inflation im Inland erwarten und das ist auch genau das, was das Vereinigte Königreich jetzt erlebt, schreibt Adam Posen in einem lesenswerten Kommentar („Now is not the time to raise interest rates“) in FT.

Der jüngste CPI (Verbraucherpreisindex) über 4% resultiert aus der diesjährigen Mehrwertsteuererhöhung und dem jüngsten Energie Preisschock. Schliesst man diese Faktoren aus, beträgt die britische Inflation im Durchschnitt 1,5% in den vergangenen 12 Monaten. Natürlich schmälern höhere Steuern und Energiepreise das britische Realeinkommen, aber der geldpolitische Ausschuss (MPC) hatte recht, darauf nicht zu reagieren und sollte es jetzt auch nicht tun, bemerkt der amerikanische Ökonom im geldpolitischen Ausschuss der britischen Zentralbank (Bank of England).

Die Erhöhung der Zinsen, um die Mehrwertsteuererhöhung auszugleichen, ist kontraproduktiv, da eine Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes die nominale Nachfrage zusammenzieht, während die gemessene Preiswirkung ein einmaliges ist, hebt Posen hervor. Energiepreise sind schwankungsanfällig und können ohne Vorankündigung umkehren, wie es gerade geschehen ist. Die Geldpolitik als Reaktion auf kurzfristige Rohstoffpreise festzulegen, würde die britische Wirtschaft nur destabilisieren und eine grössere Unsicherheit im Hinblick auf die künftige Inflation erzeugen.

Diese temporären Faktoren sind eine Ablenkung von der nach-Krise Dynamik der britischen Wirtschaft: schwache Erholung, kein Lohndruck und sinkende allgemeine Inflation. Die geldpolitische Lockerung der BoE mit dem globalen Stimulus 2008-2009 und in Kombination mit einer aggressiven finanziellen Sanierung hat die Entwicklung mit einem Boden versehen und die Kerninflation über Null gehalten, legt Posen dar. Aber die Erholung von einer Finanzkrise dauert Jahre. Die Straffung der Fiskalpolitik ohne geldpolitische Lockerung verstärkt den zugrundeliegenden Disinflationsdruck wie in Japan 1997, als der Mehrwertsteuersatz ohne monetäre Reaktion erhöht wurde.

Diejenigen, die für eine straffe Geldpolitik plädieren, müssen erklären, warum die langfristigen Inflationserwartungen Monate nach dem Überschiessen der Inflation über dem Zielwert verankert geblieben sind. Langfristige Zinsen und das Sterling sind stabil geblieben, auch wenn die Erwartungen für eine Zinserhöhung bis Januar ausgezogen sind, betont Posen weiter.

Die Mehrheit im geldpolischen Ausschuss (MPC) der BoE handelt richtig, indem sie gegen Forderungen nach Zinserhöhungen die Nerven behält. Die fiskalische Kontraktion und der Schuldenabbau (deleveraging) der Haushalte werden sich weiter fortsetzen, während das Lohnwachstum hinter der Produktivität bleibt. Die allgemeine Inflation wird sich gegen den Zielwert zurückbilden, wo die Kerninflation sich gerade befindet.

Tatsächlich sollte der MPC weiter gehen. Um den Zielwert für Inflation in zwei Jahren zu erreichen, muss der PMC mehr QE (quantitative easing) verfolgen, fasst Adam Posen als Fazit zusammen.

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