Donnerstag, 20. Januar 2011

Euro-Krise: Notfallplan für Umschuldung?

Die Bundesregierung arbeitet an einem Plan für eine Umschuldung Griechenlands, berichtet die Wochenzeitung Die Zeit. Demnach soll Athen erlaubt werden, griechische Staatsanleihen zurückzukaufen (buy back). Die nötigen Mittel (funding) werden aus dem Europäischen Stabilitätsfonds (EFSF) zur Verfügung gestellt. Im Gegenzug will Berlin Zusagen für eine „stabilitätsorientierte Politik“ fordern. Das deutsche Finanzministerium hat inzwischen die Gerüchte über Umschuldungspläne ausdrücklich dementiert. Die Beteiligung des privaten Sektors am Krisenmechanismus sei erst ab Sommer 2013 geplant, wenn der EFSF durch den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) abgelöst wird. Ein Rückkauf (buy back) von Staatsanleihen zum aktuellen Marktwert (unter pari) könnte Griechenland in der Tat erhebliche Einsparungen bringen. Die Gläubiger würden jedoch durch den Verkauf der Anleihen (unter pari) an Griechenland beträchtliche Verluste erleiden. Analysten schätzen den fiktiven (notional) der ausstehenden griechischen Papiere auf rund 234 Mrd. Euro.

Der durchschnittliche Preis der Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit beläuft sich derzeit auf rund 71,1% (d.h. 71,1 Cents für einen Euro). Nicht alle diese Papiere könnten aber freiwillig zurückgekauft werden, weil ein grosses Stück von Banken gehalten wird, und zwar als „held-to-maturity“ zu pari in den Büchern. Angenommen beträgt der Streubesitz rund 50 Mrd. Euro. Kauft Griechenland diese Papiere sagen wir zu 75% (d.h. mit hair cut), kann das Land 12,5 Mrd. Euro sparen, rechnet Harvinder Sian von RBS. Die staatliche Verschuldungsquote Griechenlands würde dadurch von bisher geschätzten 158% des BIP im Jahre 2013 auf 153% fallen. Das würde also nur am Rande helfen.

Es ist daher mehr erforderlich, um den gigantischen Schuldenberg abzutragen. Ohne auf die Ursachen der Problematik einzugehen, gilt es, festzuhalten, dass die EU-IWF-Programme die Schuldenlast in den betroffenden Ländern erschweren. Der EU-Rettungsfonds beschafft sich das Geld auf dem Kapitalmarkt zu rund 3% und verlangt von Griechenland und Irland für die daraus weitergereichten Kredite einen Zins von rund 6%. Die Zinsen auf Hilfskredite sind also viel zu hoch. Die EU soll (1) die Konditionen ihrer Hilfsmassnahmen überdenken, wie Barry Eichengreen in einem Essay („Schluss mit dem Euro-Rettungsmurks“) in FTD vorschlägt. Die EU soll zudem (2) erlauben, dass Griechenland und Irland für bestehende Verbindlichkeiten sog. Discount Bonds anbieten, bemerkt Eichengreen weiter. Es dürfte also kein Weg an einer Teilabschreibung (haircut) führen. Da das jedoch Verluste für Banken in Deutschland bedeutet, sind die EU-Politiker unter Führung Angela Merkel strikt dagegen. Griechenland und Irland werden also mit Wucherzinsen bestraft, mit voller Absicht der Bundesregierung.

PS: Während das Exposure der deutschen Banken sich in Griechenland, Irland, Portugal und Spanien auf ca. 510 Mrd. Euro beläuft, beträgt das Engagement der französischen Banken in den erwähnten Ländern rund 410 Mrd. Euro. Vergleiche dazu die von der Bank für Internationalen Ausgleich (BIZ) veröffentlichte Zusammenstellung.

PPS: Die lateinamerikanische Schuldenkrise in den 1980er Jahren wurde durch Umschuldung gelöst. Warum nicht die Euro-Krise? Eben, weil die Banken in Europa dagegen sind. Die neuen Anleihen (par bonds und discount bonds), die unter dem Brady-Plan nach der Umstrukturierung begeben wurden, waren durch das US-Finanzministerium abgesichert.


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