Freitag, 10. Dezember 2010

Steuer-Deal im Angesicht des Wachstums und der Wahlen

Wir wissen von der Forschung der politischen Ökonomie, dass die Präsidentschaftswahlen nicht von der ökonomischen Lage abhängen, sondern davon, ob die Dinge im Vorjahr der Wahlen besser oder schlechter laufen.  Larry Bartels zeigt in seinem klassischen Research-Paper (politics and income distribution) auf, dass die Republikaner bislang besser abgeschnitten haben als die Demokraten, weil sie in der Zeitperiode, die den Wahlen vorausgeht, tendenziell zu einem schnelleren Wirtschaftswachstum verholfen haben, obwohl sie im Amt schlimmere wirtschaftliche Leistung erbrachten. Die Arbeitslosenquote war im Oktober 1984 fast so hoch wie im Oktober 1980. Aber Carter wurde abgewählt, während Reagan einen Sieg errungen hat. Warum? Weil der Trend der Wirtschaft sich 1984 aufwärtsrichtete, während der Trend 1980 abwärtsgerichtet war. Die hohe Arbeitslosigkeit hat Jimmy Carter eine Niederlage beschert. Ronald Reagan hat einen Erdrutschsieg gelandet, wie Paul Krugman in seiner Freitagskolumne („Obama’s Hostage Deal“) in NYT beschreibt.


Wirtschaftswachstum und Wahlen, Graph: Prof. Paul Krugman

Die Republikaner haben im Steuer-Deal bekommen, was sie wollten: Eine Verlängerung aller Bush-Steuersenkungen, einschliesslich für die Reichen.

Dieser Teil der Abmachung ist ringsum schlecht, hebt Krugman hervor. Die Steuersenkungen werden zum Teil ausgegeben, was die Wirtschaft zu einem gewissen Grad ankurbeln dürfte. Aber ein grosser Teil der Steuersenkungen, insbesondere für die Reichen, werden nicht konsumiert, was das Haushaltsdefizit weiter belasten dürfte, während für den Abbau der hohen Arbeitslosigkeit kaum etwas getan wird. Im Gegenzug bekommt Obama eine erhebliche Menge an kurzfristigen Stimulus. Die Arbeitslosenhilfe wird verlängert, die Lohnsteuer werden vorübergend gesenkt und Steuersenkungen für Unternehmen gewährleistet. Abgesehen von Arbeitslosengeld ist die ganze Abmachung beim besten Willen die zweitbeste Politik. Während aber der schlechte Teil des Steuer-Deals zwei Jahre anhalten wird, wird der gute Teil der Abmachung am Ende des Jahres 2011 ab. Das bedeutet, dass „wir über einen Wachstumsschub im nächsten Jahr sprechen“, legt Krugman dar. Aber das Wachstum wird im Jahre 2012 wird aber deutlich geringer ausfallen als im Jahr 2011. Das hat grosse politische Implikationen. Politikwissenschaftler (siehe Larry Bartels) sagen uns, dass der Ausgang der Wahlen vom Verlauf der Wirtschaft im Vorfeld der Wahlen viel stärker betroffen ist als wie es einem Land sonst im allgemeinen im absoluten Sinne geht.

Man stelle sich jetzt den Wirtschaftsverlauf über zwei Wege vor, wie in der Abbildung dargestellt ist. Der Weg B ist offenbar besser als der Weg A: Das BIP ist höher, einschliesslich des Zwei-Jahres-Zeitraums. Aber die politikwissenschaftliche Literatur teilt uns ganz klar mit, dass der Weg B auch schlechter ist als der Weg A, und zwar für die Regierungspartei, erläutert Krugman. Die Wirtschaftswachstumsrate im letzten Jahr wird in der Abbildung durch die Steigung der Linie repräsentiert. Darauf kommt es an. Schlussfolgerung ist, dass es besser ist, einen schlechten Verlauf der Wirtschaft zu haben, die in einem späten Aufschwung mündet, als einen besseren Verlauf der Wirtschaft zu haben, die an der Zielgerade ein geringeres Wachstum aufweist.

Fazit: Aufgrund des Steuer-Deals schwinden Obamas Chancen für die Wiederwahl im Jahr 2012 dahin.

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