Sonntag, 12. Dezember 2010

Eurozone-Krise: An Haircut führt kein Weg vorbei

Griechenland hat ein Haushaltsproblem. Irland hat ein Banken-Problem. Portugal hat ein Privat-Schulden-Problem. Spanien hat ein Problem einer Kombination von allen dreien, beschreibt Barry Eichengreen in einem lesenswerten Essay („Europe’s Inevitable Haircut“)  in Project Syndicate. Doch während die Besonderheiten sich unterscheiden, sind die Folgen diegleichen: alle müssen jetzt schmerzhafte Ausgabenkürzungen ertragen, hält Eichengreen fest. Der normale Weg, um die Auswirkungen der Sparmassnahmen (austerity) zu dämpfen, ist die Abwertung der Landeswährung. Die Abwertung macht Exporte wettbewerbsfähiger, sodass die externe Nachfrage die Inlandsnachfragte, die komprimiert ist, ersetzt. Da jedoch keines dieser Länder über eine nationale Währung verfügt, muss die interne Abwertung die externe Abwertung ersetzen. Das heisst, dass die Löhne, Renten und andere Kosten gesenkt werden müssen, um die externe Nachfrage mit internen Nachfrage zu ersetzen, erklärt der an der University of California, Berkeley lehrende Wirtschaftsprofessor.

Die Krisenländer haben bemerkenswerte Entschlossenheit bei der Umsetzung der schmerzhaften Einschnitte gezeigt, legt Eichengreen dar. Aber eine wirtschaftliche Variable hat sich mit den anderen nicht angeglichen: öffentliche und private Schulden. Der Wert der mitgeschleppten Staatsschulden bleibt intakt. Je mehr die Länder die Löhne und die Kosten senken, desto schwerer wird es, die Schulden zu senken. Die Schuldenlast erzwingt mehr Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen, um Staatschulden zu bedienen. Das wiederum erfordert mehr interne Abwertung und so weiter. Die zunehmende Schuldenlast führt in einem Teufelskreis in die Depression.

Wenn also die interne Abwertung funktionieren soll, muss der Wert der Schulden verringert werden. Der öffentliche Schuldenstand muss umstrukturiert werden. Die Bankschulden müssen in Eigenkapital umgewandelt werden. Und wenn die Banken insolvent sind, müssen die Schulden abgeschrieben werden. Die Hypothekenschulden müssen auch abgeschrieben werden, erläutert Eichengreen. Die Mechanik der Umschuldung ist nicht kompliziert: Die Regierungen können neue Anleihen im Wert von Bruchteil des Wertes der bestehenden Verpflichtungen (Staatsanleihen) begeben. Anleihegläubiger können zwischen Par Bonds und Discount Bonds wählen: Par Bonds mit einem Nennwert in Höhe der bestehenden Schulden, aber einer längeren Laufzeit und einem niedrigeren Zinssatz. Discount Bonds mit einer kürzeren laufzeit und einem höheren Zinssatz, aber einem Nennwert, der nur einem Bruchteil der bestehenden Schulden entspricht.

Es gibt aber drei Voraussetzungen für den Erfolg: 

(1) Die Anleihegläubiger müssen versichert werden, dass ihre neuen Anleihen sicher sind. Jemand muss gewährleisten, dass die neuen Anleihen ausreichend besichert sind. Während der lateinamerikanischen Schuldenkrise in den 1980er Jahren wurden die neuen Anleihen nach der Umschuldung unter dem „Brady-Plan“ durch das US-Schatzamt abgesichert. Die Aufgabe sollte heute vom IWF und der deutschen Regierung übernommen werden. 

(2) Alle Länder müssen zusammenhalten. Andernfalls wird die Umschuldung eines Landes die Erwartungen steigern, dass andere Länder folgen werden, was die Ansteckung erhöhen würde. 

(3)  Die Banken, die wegen Verlusten umstrukturieren müssen, müssen ihre Bilanzen in Ordnung bringen. Dafür brauchen sie echte Stress-Tests, nicht so ein Vertrauensspiel wie es früher in diesem Jahr stattgefunden hat. Wo realistische Umschuldungs-Szenarien Kapitalmangel zeigen, müssen Schulden in Eigenkapital umwandelt werden. Und wenn das nicht reicht, brauchen Banken sofortige Kapitalspritzen durch ihre Regierungen.

Fazit: Das alles erfordert Leadership. „Deutsche Politiker müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Banken ihres Landes an der Peripherie der Euro-Zone gefährlich exponiert sind. Sie müssen also ihre Wähler davon überzeugen, dass die Verwendung der öffentlichen Gelder für die Gewährleistung der Umschuldung und der Rekapitalisierung der Banken für die interne Abwertungsstrategie notwendig sind“, schlussfolgert Eichengreen.

Haircut= Bewertungsabschlag auf den Wert eines Assets, z.B. einer Anleihe.

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