Mittwoch, 6. Oktober 2010

Inflation targeting: Folgt nun “price-level targeting”?

Die US-Notenbank (Fed) hält den Leitzins (Fed Funds Rate) seit Dezember 2008 unverändert zwischen 0% und 0,25%. Fed-Chef Ben Bernanke ist bemüht, mit allen Mitteln, die zur Verfügung stehen, die Deflation zu bekämpfen. Während Joseph Stiglitz gestern am Rande einer Konferenz in New York der Fed vorgeworfen hat, die Welt mit ihrer extrem lockeren Geldpolitik ins Chaos zu stürzen, plädieren einige Fed-Protagonisten für weitere Massnahmen, um die Konjunktur zu beleben. Charles Evans, Präsident der Fed von Chicago hält vor dem Hintergrund der anhaltenden hohen Arbeitslosigkeit viel mehr geldpolitische Akkomodierung für notwendig, wie John Hilsenrath in WSJ berichtet. Evans fordert ein neues Programm, US-Staatsanleihen am offenen Markt zu kaufen (d.h. QE-II), möglicherweise verbunden mit einer Erklärung, dass die Inflation für einige Zeit über das informelle Ziel von 2% steigt. Bemerkenswert ist aber, dass Evans darüber hinaus die Idee von „price-level targeting“ vorträgt, was auch von William Dudley, dem Präsidenten der Fed von New York unterstützt wird.


Beschäftigung/Bevölkerung-Verhältnis, Graph: Fed St. Louis



Beim Inflation Targeting (Inflationssteuerung) verfolgt eine Zentralbank ein bestimmtes Inflationsziel, wie zum Beispiel die Bank of England (BoE), die im Rahmen einer direkten, mittelfristig ausgelegten Inflationssteuerung ein numerisches Ziel anstrebt. Price-level Targeting bedeutet, dass die Zentralbank ein bestimmtes Preisniveau zu erreichen sucht, gemessen an einem Preis-Index, wie dem Konsumentenpreis-Index (CPI). Angenommen beträgt der CPI heute 100 und die Zentralbank strebt ein Preisniveau von 108,25% in 5 Jahren. Das würde eine Inflation von 2% im Jahr bedeuten. Die Zentralbank würde die akkomodierende Geldpolitik unverändert belassen, bis dieses Preis-Niveau erreicht ist. Was wären die Implikationen am Markt? Wenn die Marktteilnehmer erkennen, dass es bis zu diesem Preisniveau länger dauern würde als 5 Jahre, weil die Inflation 1% jährlich beträgt, würden sie das Term Premium (Laufzeitprämie) fallen lassen, wie FT Alphaville bemerkt.

Ferner ist zu beachten, dass Ben Bernanke im Jahre 2003 in einem Vortrag vor dem Japan Society of Monetary Economics die Idee von „price-level targeting“ angepriesen hatte: „Was ich im Sinne habe, ist, dass die Bank of Japan (BoJ) ihre Absicht ankündigt, um das Preisniveau (gemessen an einem Standard-Preisindex wie z.B. CPI ohne frische Nahrungsmittel) auf einem Wert, den sie erreichen wollte, wenn statt Deflation eine moderate Inflation von beispielsweise 1% pro Jahr stattfinden sollte, wiederherzustellen“ (meine freie Übersetzung).

Die Idee von „price-level targeting“ taucht heute auf, weil die meisten Notenbanken im Sog der Krise ihre Zinsen bis auf beinahe die Null Grenze gesenkt haben. Unter Nullpunkt können die Zinsen nicht gesenkt werden. Sonst würden sich negative Zinsen ergeben. Die Realzinsen (d.h. nominale Zinsen minus Inflation) sind noch relativ hoch. Hätte man ein höheres Inflationsziel, hätten die Zentralbanken etwas mehr Spielräume, wenn v.a. schwere Krisen lange anhalten. Hinter der aktuellen Debatte steckt eigentlich das folgende Problem: Hohe Verschuldung. Schulden bilden zwar eine nominale Grösse, während einer Deflation steigt aber der reale Wert der Schulden.

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