Mittwoch, 29. September 2010

Wirtschaft ist keine Tugendhaftigkeit

Es ist nicht ungewöhnlich, dass die NYT, jedesmal wenn Paul Krugman den Zweiten Weltkrieg in seinen Stellungnahmen zum aktuellen Geschehen der Wirtschaft erwähnt, eine Menge e-mails bekommt, die den Nobelpreisträger als „Kriegstreiber“ beschuldigen. Brad DeLong ist es aufgefallen, wie ein Kommentator in der Blogosphäre behauptet, dass Krugman den „Krieg als Lösung unserer Probleme“ befürwortet. Das ist natürlich eine perfide Unterstellung. Krugman will die Gelegenheit nicht auslassen, zu betonen, dass die Wirtschaft keine Sittlichkeit, keine Tugenhaftigkeit ist. „Es ist nicht eine Happy Story, in der Tugend belohnt und Laster bestraft werden“, erklärt der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor. „Die Marktwirtschaft ist ein System für organisierte Aktivität ohne moralische Bedeutung, ein ziemlich gutes System für die meiste Zeit, aber nicht immer", so Krugman.



„Die Reichen verdienen nicht unbedingt ihren Wohlstand, und die Armen verdienen ihre Armut sicherlich nicht. Trotzdem akzeptieren wir ein System mit erheblicher Ungleichheit, weil Systeme ohne Ungleichheit nicht funktionieren“,hält Krugman fest. Und „bevor die Trolls springen und „aha!“ sagen: Krugman räumt das Wahre der angebotsorientierten Wirtschaftspolitik ein“. „Das ist kein Argument gegen die progressive Besteuerung und den Wohlfahrtsstaat. Es ist nur ein Argument, dass es Grenzen gibt. Kuba funktioniert nicht. Schweden funktioniert ziemlich gut“, beschreibt Krugman. Während die Wirtschaft in Depression steckt, wird die amoralische Natur der Wirtschaft laut Krugman im Wesentlichen noch akuter: „Das ist eine Situation, in der Tugend zum Laster wird und Klugheit zur Torheit. Was wir brauchen, ist mehr Ausgaben, selbst wenn Staatsausgaben nicht besonders klug sind“. Das Problem in der Praxis sei, dass herkömmliche Denkweisen sich durchsetzen, auch wenn sie es nicht tun sollten, insbesondere scheinen öffentliche Ausgaben im erforderlichen Ausmass nie realisiert zu werden, erläutert Krugman. Deshalb habe Keynes scherzhaft vorgeschlagen, Flaschen gefüllt mit Bargeld in Kohleminen zu verbrennen, damit die Leute sie wieder ausgraben, weil jeder Vorschlag, um mehr Geld auszugeben für Dinge, die wir brauchen, aus Gründen der Vorsicht und der Effizienz in den Boden niedergeschossen werde. Daher habe Keynes stattdessen völlig sinnlose Ausgaben vorgeschlagen, so Krugman.

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