Dienstag, 21. September 2010

Unterbeschäftigung: Eine Folge der schwachen Nachfrage

Warum ist die Arbeitslosigkeit in dieser Rezession so schlimm? Mike Konczal erklärt in einem lesenswerten Essay in Rortybomb, dass es aktuell zwei Theorien gibt. Die erste betrifft die gesamtwirtschaftliche Nachfrage (aggregate demand). Die zweite die von Nichtübereinstimmung (Fehlanpassung) von Fähigkeiten (Fertigkeiten) (skills mismatch). Um diese Frage zu untersuchen, betrachtet Konczal nur diejenigen, die unterbeschäftigt sind. Insbesondere werden diejenigen, die aus wirtschaftlichen Gründen Teilzeitarbeit verrichten,welche vom BLS (Bureau of Labor Statistics; Arbeitsministerium) als „beschäftigt“ eingetragen werden, in Betracht gezogen. In der Abbildung werden sowohl der Prozentsatz der Beschäftigten dargestellt, die aus wirtschaftlichen Gründen Teilzeitarbeit leisten, als auch der Prozentsatz der Beschäftigten, die aus wirtschaftlichen Gründen, insbesondere aber wegen „slack work“ oder „business conditions“ Teilzeitarbeit leisten.


Prozentzahl der Beschäftigten (Teilzeitarbeit aus ökonomischen Gründen), Graph: Arjun Jayadev & Michael Konczal

Das sind Leute, die als beschäftigt betrachtet werden. Sie arbeiten weniger als 35 Stunden pro Woche. Und die Gründe sind nicht persönlicher oder saisonaler Natur, sondern ökonomisch. Die Werte befinden sich auf historischen Höchstständen, insbesondere für „slack work of business conditions“, die Werte aufweist, welche seit 1950 nicht beobachtet wurden. Der Anteil der Arbeitskräfte, die aus ökonomischen Gründen eine Teilzeitarbeit haben, zeigt den höchsten Wert seit mehr als 50 Jahren auf. Konczal und Jayadev konzentrieren sich bei ihrer Studie der Arbeitslosigkeit nur auf die Beschäftigte, und zwar aus zwei Gründen: (1) Es ermöglicht, die Geschicklichkeit (Fertigkeiten) vom Gesamtbild zu trennen. Diese Beschäftigten haben die notwendige Geschicklichkeit, die erste Stunde ihrer Jobs zu arbeiten, aber es gibt nicht genügend Nachfrage, um die 35. Stunde ihrer Jobs zu arbeiten. Es ist ein merkwürdiges Unternehmen, welches jemanden anstellen kann, dessen Geschicklichkeit dem erlaubt, die 10., 20. und 30. Stunde eines Jobs profitabel zu arbeiten, aber nicht die 35. Stunde, erklärt Konczal. (2) Es trennt auch mögliche negative Anreize, welche durch die Arbeitslosenversicherung geschaffen werden. Die Debatte über die Auswirkungen der Arbeitslosenversicherung auf die Arbeitslosigkeit ist sehr umstritten, hält Konczal fest. Einige behaupten, dass die Arbeitslosigkeit weitgehend eine Folge der Ausweitung der Arbeitslosenversicherung ist. Andere behaupten, dass die negativen Auswirkungen der Arbeitslosenversicherung weitgehend überschätzt werden und das Arbeitslosengeld eine effektive Form von Ausgabenstimulierung schafft. Diese Debatte ist aber für die Teilzeitarbeit aus wirtschaftlichen Gründen nicht relevant, erklärt Konczal. Könnte das Überbleibsel im Bau- und Finanz-Sektor ein Faktor sein? Die folgenden Abbildungen zeigen die Unterschäftigung im Bau- und Finanz-Sektor.

Unterbeschäftigung im Finanz- und Bau-Sektor, Graph: Arjun Jayadev & Michael Konczal

Die Zahl hat sich seit dem Ausbruch der Finanzkrise und der Rezession verdoppelt und einen neuen, höheren Beharrungszustand erreicht. Könnte das eine Geschicklichkeitsstory sein, da die Arbeitnehmer nicht umgeschult werden können? Auch die Sektoren, die nicht Finanz und Bau sind, zeigen ein fast identisches Muster. In den von Konczal untersuchten 13 Sektoren zeigen Werte einen dramatischen Anstieg der Unterbeschäftigung. Das ist ein Anzeichen dafür, dass die Unterbeschäftigung in jedem Sektor steigt, also nicht einfach ein Überbleibsel von Bubble ist, zieht Konczal Fazit.


Unterbeschäftigung in 11 nicht-Finanz- und Bau-Sektoren, Graph: Arjun Jayadev & Michael Konczal

Es gab eine Reihe von einflussreichen Papers, in denen argumentiert wird, dass die sturkturelle Arbeitslosigkeit nicht auf sektoraler Ebene erfolgt, sondern auf der beruflichen Ebene. Arbeitnehmer sind nicht in Sektoren beschäftigt. Sie üben Berufe aus. Man kann ein Arbeitnehmer für Instandhaltung oder Buchhalter eines produzierenden Unternehmens oder einer Start-up Firma sein. Wenn aber die Nachfrage nach Geschicklichkeit (Fertigkeiten) sich zwischen dem Arbeitnehmer für Instandhaltung und Buchhalter verschiebt, können Probleme in allen Sektoren beobachtet werden, selbst wenn es eine Chance gibt für die Nachfrage nach einem beruflichen Human Kapital, erläutert der Autor weiter.

Fazit: Wohin wir auch schauen, sind Menschen überall in allen Berufen und Sektoren mit Fertigkeiten, ihre Jobs zu machen, eher mit Teilzeitarbeit aus ökonomischen Gründen beschäftigt als vor der Rezession. Das ist eine Story der aggregierten Nachfrage, nicht eine Story der Fehlanpassung von Fertigkeiten (skills mismatch), fasst Konczal zusammen.

PS: Das zitierte Paper („The Stagnating Labor Market“) von Michael Konczal und Arjun Jayadev wurde in Zusammenarbeit mit The Roosevelt Institute veröffentlicht.

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