Sonntag, 18. Juli 2010

Warum manche Ökonomen Nachfrage mit Angebot verwechseln

Tyler Cowen’s Argumentation, dass eine schuldenfinanzierte Wirtschaftspolitik zum Scheitern verurteilt ist, wie Deutschland’s Erfahrung während der Wiedervereinigung zeige, stösst Paul Krugman sauer auf. „Wenn Sie glauben, dass die Konjunkturstimulierung eine schlechte Idee ist, ist fein. Aber man darf zumindest erwarten, dass die Gegner zuhören, was die Befürworter sagen“, bemerkt Krugman heute in seinem Blog. Der Fall Stimulanz ist stark an Bedingungen geknüpft, erklärt der Nobelpreisträger. Ein Konjunkturprogramm kommt zum Zuge, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind: (a) Hohe Arbeitslosigkeit, sodass die unmittelbare Gefahr Deflation ist, und (b) Geldpolitik, die durch die Null-Grenze eingeschränkt ist. Das klingt nicht wie eine harte Nummer zu erfassen. Doch wieder und wieder verweisen Kritiker auf Beispiele erhöhter Staatsausgaben unter Bedingungen, die nicht vergleichbar sind und sie behaupten, dass diese Beispiele irgendwie etwas beweisen, wie z.B. Tyler Cowen.

Der folgende Abschnitt aus Cowen's Feder macht Krugman so wütend, dass er sich nach eigenen Worten „einen Bleistift ins Auge stechen“ könnte:

Certainly, in Germany, the recent history of fiscal stimulus wasn’t entirely positive. After reunification in 1990, the German government borrowed and spent huge amounts of money to finance reconstruction and to bring East German living standards up to West German levels. Millions of new consumers were added to the economy.

These policies did unify the country politically but were not overwhelmingly successful economically. An initial surge was followed by years of disappointing results for output and employment.


Krugman erklärt:

(1) Das war keine fiskalpolitische Stimulierung. Es war eine angebotsorientierte Wirtschaftspolitik. Die deutsche Regierung hat nicht versucht, die Nachfrage anzukurbeln. Sie hat versucht, die Infrastruktur in Ostdeutschland aufzubauen, um die Produktivität in der Region zu erhöhen.

(2) Die westdeutsche Wirtschaft hat nicht unter hoher Arbeitslosigkeit gelitten. Im Gegenteil: Die Wirtschaft lief heiss und die Bundesbank befürchtete Inflation.

(3) Die Null-Grenze stellte keine Besorgnis dar. In der Tat befand sich die Bundesbank in einem Prozess, angesichts von Inflationsrisiken die Zinsen anzuheben. Der Diskontsatz kletterte von 4% im Frühjar 1989 auf 8,75% im Sommer 1992. Zum Teil war die Zinserhöhung eine bewusste Anstrengung, die zusätzliche Nachfrage, die durch die Staatsausgaben in Ostdeutschland generiert wurde, zu ersticken. In gewissem Masse wurde Deutschland häufig wegen der Mischung von Deficit Spending (Ausgabe von öffentlichen Haushaltsmitteln zur Konjunkturbelebung) und der kontraktiven Geldpolitik (Politik des knappen Geldes) für die Währungskrise in den Jahren 1992/93 verantwortlich gezeigt.

Fazit: „Es ist schwer, zu denken, dass ein Fall, der weniger geeignet ist, uns etwas über Fiscal Stimulus sagen kann, unter den Bedingungen, denen wir heute gegenüberstehen“, schlussfolgert Krugman. Der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor ist ziemlich verzweifelt, wie ein prominenter Kommentator das nach einer anderthalb Jahre anhaltenden Debatte darüber offenbar immer noch nicht weiss.

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