Sonntag, 25. Juli 2010

Potenzialwachstum: Warum es für die Geldpolitik wichtig ist

Paul Krugman ist schockiert und deprimiert über den Mangel der Dringlichkeit, welcher unter den politischen Entscheidungsträgern herrscht, die Produktionslücke zu schliessen. Es ist ein kein Geheimnis, dass fortgeschrittene Volkswirtschaften auf beiden Seiten des Atlantiks seit 2007 einen signifikanten Anstieg der Kapazitäten gesehen haben. Aber sie produzieren immer noch deutlich weniger als damals. Das ist die sog. Produktionslücke ( output gap), erklärt der Nobelpreisträger. Die Lücke ist angenommen 6 Prozent. Ferner ist anzunehmen, dass das Produktionspotenzial jährlich 2 Prozent beträgt. Wie viel Wachstum braucht es in diesem Fall, um dorthin zurückzukommen, wo wir sein sollten? Wächst die Wirtschaft um 3%, was viele als Erfolg feiern würden, würde es 6 Jahre in Anspruch nehmen. Wächst die Wirtschaft um 4%, würde es noch 2 Jahre dauern. In diesem Zusammenhang geht der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor auf drei gute Fragen seiner Leserschaft ein.

(1) Warum setzt sich das Potenzialwachstum in einer Rezession fort? Ein Teil der Antwort liegt darin, dass eine Menge Potenzialwachstum die Investitionen reflektiert, die einige Zeit in der Vergangenheit getätigt wurden und erst allmählich aus der Produktion kommen, erklärt Krugman. Ein grösserer Teil der Antwort liegt andererseits darin, dass das Potenzialwachstum ( potential output) der Wirtschaft als Ganzes mehr als nur die Unternehmensinvestitionen widerspiegelt, sondern das Wachstum der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter, das steigende Bildungsniveau, die technische Verbesserung und vieles mehr. Und die alle setzen sich auch weiterhin fort, selbst wenn Unternehmensinvestitionen depressiv sind. Für diejenigen, die ihre gesamte Produktionsfunktion kennen, macht das Wachstum des physischen Kapitals nur einen Bruchteil des langfristigen Wachstums des realen BIP aus, sodass ein Rückgang der Investitionen das Potenzialwachstum nicht zu einem Stillstand bringt.

(2) Beeinträchtigen Blasen das BIP durch Preisänderungen nicht? Doch Blasen beeinflussen das nominale BIP, aber die Rede ist hier von realem BIP, welches eine Volumen-Masseinheit ist.

(3) Wo kommt der Wachstumstrend von 2% für die Euro-Zone her? Das ist die Annahme, die Krugman getroffen hat, um die folgende Abbildung zu zeichnen. Eigentlich sei die Zahl ziemlich schnell zustande gekommen. Bei einem zweiten Blick auf die Daten hätte er eine etwas niedrigere Zahl annehmen können, so Krugman. Das reale BIP in der Euro-Zone ist von 2000 bis 2007 um 14% gestiegen. Also spiegelt 2% das tatsächliche Wachstum von einen Höhepunkt zum anderen Höhepunkt wider. Krugman gesteht jedoch, dass er damit falsch lag, es eine konservative Schätzung zu nennen. 1,5% wäre angemessen gewesen. Aber das macht keinen grossen Unterschied aus, weil die geschätzte Produktionslücke (output gap) in der Euro-Zone damit von 8 auf 7 verringert wird. Es ist immer noch eine immense Lücke.

Fazit: Blasen treiben die Nachfrage an. Aber sie steigern die Fähigkeit der Wirtschaft nicht, wenn überhaupt, sie reduzieren sie. Blasen mögen die Kapazitätsauslastung an die Spitze treiben. Dieser Höhepunkt gilt als ein guter Indikator, wie stark die Wirtschaft erzeugen kann, unabhängig davon, ob das Produzierte gekauft wird oder nicht. Wie kann aber eine Zentralbank wie die EZB jetzt nach einem Schluss von Stimulanz fordern und für die Straffung der Geldpolitik plädieren, während die Produktionslücke weit geöffnet bleibt?

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