Sonntag, 18. Juli 2010

Haushaltsdefizit – Inflation - Sparmassnahmen

Es sei zwar nicht relevant für die aktuelle politische Debatte. Aber es gebe ein Problem, welches ihn belaste. So habe er gedacht, dass er es aufschreibe, bemerkt Paul Krugman in seinem Blog. Die besagte Debatte findet darüber statt, ob wir jetzt eine Fiscal Austerity (Sparmassnahmen) brauchen oder nicht, während die Wirtschaft in einer tiefen Depression steckt. Es ist längst bekannt, dass Krugman Budgetdefizit in diesem Marktumfeld für „völlig angemessen“ hält. Es gibt aber eine Denkschule, welche Defizite nie als ein Problem betrachtet, solange das betreffende Land seine eigene Währung ausgeben kann. „Der prominenteste Verfechter dieser Sichtweise ist wahrscheinlich Jamie Galbraith“, erklärt Krugman. „Aber er ist nicht allein“, fügt der Nobelpreisträger hinzu. „Jamie und ich, glaube ich, stimmen darüber völlig überein, was jetzt getan werden sollte“, so Krugman. Die Rede ist von Theorie, nicht von Praxis. „Ich kann aber mit seiner Auffassung nicht zusammengehen“, bemerkt der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor weiter.


Inflation im "Zwei-Perioden-Modell", Graph: Prof. Paul Krugman

„Solange die US-Banken verpflichtet sind, Wechsel der US-Regierung zu akzeptieren, solange also der Staat existiert, dann kann die Regierung ohne Kreditaufnahme Geld ausgeben, wenn sie es möchte... Insolvenz, Konkurs oder sogar höhere Realzinsen gehören nicht zu den tatsächlichen Risiken in diesem System... “, wird Galbraith von Krugman zitiert. „Ich glaube nicht, dass das stimmt“, bemerkt Krugman dazu. Um Geld auszugeben, muss die Regierung den privaten Sektor davon überzeugen, reale Ressourcen freizugeben. Das kann sie tun, indem sie Steuern erhebt, Kredit aufnimmt und Seignorage durch das Gelddrucken einkassiert. Und es gibt Grenzen für alle drei. Selbst ein Land mit eigener Währung (fiat currency: gesetzliches Zahlungsmittel) kann bankrott gehen, wenn es hart genug versucht, erklärt Krugman.

Wie das funktioniert, legt Krugman anhand eines Zwei-Perioden-Modells dar. In der Periode 1 nimmt die Regierung Kredit auf, indem sie inflationindexierte Bonds ausgibt. Das bedeutet, dass die Regierung in der Periode 2 einen realen Schuldendienst in Höhe von D hat. Die Regierung kann die Schulden ganz oder teilweise bedienen, indem sie einen Primärüberschuss im Haushalt aufweist, d.h. einen Überschuss an Einnahmen minus laufende Ausgaben. Angenommen gibt es eine obere Grenze S, um einen Primärüberschuss zu erreichen, eine Grenze, die durch politische Sachzwänge, administrative Gründe (wenn z.B. die Steuern zu hoch sind, würde jedermann Steuern hinterziehen) oder die schiere Tatsache, dass die Steuereinnahmen das BIP nicht überschreiten können. Die Regierung hat aber auch eine Druckmaschine. Die wirklichen Einnahmen, die sie durch den Einsatz der Pressmaschine generiert, sind:

[M(t) – M(t-1)] / P (t)

wobei M die Geldmenge und P das Preisniveau sind.

Was bestimmt das Preisniveau?

Angenommen wird eine einfache Quantitätstheorie, wobei das Preisniveau proportional zum Geldangebot ist.

P(t) = V * M (t)

Durch die Annahme wird die tatsächlich günstigste Annahme über die Macht der Geldschöpfung getroffen, gesteht Krugman ein. Denn, läuft die Druckpresse, geht die reale Nachfrage nach Geld zurück. Leute beginnen, Stückkohle oder was auch immer, als Ersatz zu benutzen.

Was passiert jetzt, wenn die Regierung genug Schulden hat, sodass die obere Grenze für den Primärüberschuss eine verbindliche Einschränkung darstellt und es notwendig wird, die Druckmaschine anzuwerfen, um die Differenz auszugleichen.

[M(t) – M(t-1)] / P (t) = D- S

P ist proportional zu M

[M(t) – M(t-1)] / VM (t) = D- S

Daraus folgt:

[M(t) – M(t-1)] = 1 / [1 – V (D – S)]

Was bedeutet das? Da das Preisniveau proportional zu M ist, sagt uns diese Gleichung, dass je höher die Schuldenlast, desto höher ist die Inflation. Da (D – S) sich an ein kritisches Niveau nähert, kann die implizierte Inflation gegen unendlich streben, wie in der Abbildung zu sehen ist. Es gibt also ein Höchstniveau für Staatsschulden. Das Modell impliziert, dass die Regierung ab einer bestimmten Höhe sich für Default (Zahlungsausfall) als eine bessere Option entscheiden kann, als Hyperinflation. Es gibt also reale Grenzen für Defizite, selbst wenn Länder ihre eigene Währung drucken können, schlussfolgert Krugman als Fazit.

„Nun bin ich mir sicher, dass es zu Kommentaren und Reaktionen in anderen Blogs kommen wird: Ha! Krugman räumt ein, dass Defizite Hyperinflation verursachen“, so Krugman. „Nein. In extremen Bedingungen KÖNNEN Defizite Hyperinflation verursachen, aber wir sind bei weitem nicht so weit. Alles, was ich sagen, will, ist, dass ich nicht so weit gehe wie Jamie Galbraith“, erläutert Krugman. Defizite können eine Krise verursachen, aber es gebe keinen Grund, jetzt zu beginnen, zu sparen.

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