Dienstag, 8. Juni 2010

Wirtschaft braucht mehr Stimulus

Brad DeLong befasst sich mit der Frage (hat tip Mark Thoma), warum das Haushaltsdefizit heute nicht grösser ist. Die Wirtschaft braucht seiner Ansicht nach mehr Stimulus: Denn (a) aussergewöhnlich niedrige Zinsen, (b) die Abwesenheit von jeglichem Hinweis auf Inflationserwartungen und (c) die anhaltenden Widrigkeiten auf dem Arbeitsmarkt liefern sehr starke Argumente für mehr Staatsausgaben, so DeLong. Die Enttäuschung, die der Arbeitsmarktbericht Mai 2010 ausgelöst hat, bestätigt, dass dies immer noch eine aussergewöhnliche Zeit ist, erklärt DeLong. Es ist eine Zeit der „Depression Economics“. Die Bedingungen, zu denen die Staaten Geld aufnehmen können, sind ausserordentlich günstig. Aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit sind daher die Vorteile eines Anstiegs der Staatsausgaben und der Senkung der Steuern aussergewöhnlich gross, hält DeLong fest. Das Ergebnis ist, dass sich die Kosten der Politik „Kreditaufnahme-und-Geldausgabe“ kurzfristig abändern.

„In normalen Zeiten führt eine Zunahme der Staatsausgaben oder eine Senkung der Steuern zu einem Anstieg der Zinsen, was in "Crowding-out" von privaten produktiven Investitionen mündet, und zwar Dollar für Dollar und das lässt uns ärmer zurück, nachdem die Auswirkungen des Stimulus abgeklungen sind“, erläutert DeLong. Die Kreditaufnahme erfolgt dann zu einem signifikant höheren Zinssatz, was mit höheren Steuern bezahlt werden muss. Das verringert das Einkommen“, erklärt er weiter. Aber die Dinge sind jetzt anders. Gerade jetzt führt ein Anstieg der Staatsausgaben oder eine Senkung der Steuern nicht zu höheren Zinsen, und damit nicht zu einem „Crowding-out“ der privaten Investitionen. „In der Tat fördern Staatsausgaben die laufenden Cash Flows von Unternehmen, was private Investitionen ankurbelt und uns nach dem Abklingen des Stimulus (Konjunkturprogramm) Dollar für Dollar reicher macht“, so DeLong. Warum? „Weil die Schulden zu extrem niedrigen Zinsen (1,83% 30 Jahr TIPS) finanziert werden. Angesichts des erwarteten Realzinses sogar noch weniger, wenn man sich kurzfristig finanziert“, legt DeLong dar. Die erhöhten Cash-Flows für Unternehmen treiben das Einkommen des privaten Sektors jährlich um 1 Mrd. $ an. Die Kosten der Abschreibung reduziert es jährlich um 1,07 Mrd. $. Die Netto-Kosten? 70 Mio. $ jährlich. Um also aus der erhöhten Produktion und Einkommen 150 Mrd. $ in diesem Jahr zu gewinnen, laden wir auf uns jährlich 70 Mio. $ Kosten für die Zukunft. Das heisst, dass eine Investition sich zu jedem Zinssatz von mehr als 0,05% lohnt, mittels expansiver Fiskalpolitik die Wirtschaftsleistung von heute anzukurbeln. Es gibt natürlich kein „free lunch“. Dazu bemerkt DeLong, dass man ihm gesagt habe, man würde ihm die Gewerkschaftsmitgliedskarte wegnehmen, wenn er als Ökonom beginnen würde, zu behaupten, dass es „free lunch“ gebe. Es ist daher sicherlich eine wertvolle Mahlzeit, notiert er deswegen. „Wir bekommen mehr Einkommen und mehr Beschäftigung heute, wenn wir es wirklich brauchen. „Im Gegenzug nehmen wir Abstriche im Hinblick auf die Produktion in Zukunft in Kauf, wenn wir glauben, dass wir jetzt wohlhabender werden und deswegen wenig gegen Produktionskürzungen einzuwenden haben“, so DeLong. Es ist daher ein Kinderspiel, dass wir mehr Stimulus voranbringen. Das Argument für mehr Staatsausgaben ist „luftdicht“, solange das Arithmetische hinhält: Das heisst, bis man auf die Grenzen der „Depression Economics“ stösst: Das sind: (1) bis weitere Anstiege des Defizits zu einem Anstieg der Inflationserwartungen führen und die Fed anfangen müsste, die Zinsen zu erhöhen und (2) bis weitere Anstiege des Defizits den Druck auf die Schuldenkapazität des Staats dermassen erhöhen, dass wir zusätzliche Staatsverschuldung nicht mehr zu solchen ausserordentlich günstigen Zinssätzen finanzieren können“, erklärt DeLong.

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