Freitag, 23. April 2010

Derivate: Lizenz zum Töten

Der (ausserbörsliche) Derivatemarkt ist heute über 600’000 Mrd. $ schwer. Unreguliert. Das Geheimnis der Derivate ist, verdeckte Risiken zu übertragen. Wird ein Derivatekontrakt in kleinere Teile zerlegt, ist jeder Teil eine Risikoart. Legt der Derivatehändler beispielsweise 5 „AAA“ benotete Wertpapiere zugrunde, kann er durch Bündelung und Zerlegung 15 Teile daraus verpacken, die ebenfalls „AAA“ Rating innehaben. Das ist natürliche keine Finanzmathematik, sondern Finanzakrobatik. George Soros nimmt heute in einem lesenswerten Essay in FT die Anklage der SEC gegen die amerikanische Investmentbank Goldman Sachs wegen Betrug zum Anlass und bemerkt, dass die in Frage stehende Transaktion eindeutig keinen sozialen Nutzen hat. Die synthetische CDO finanziere kein Eigentum an Immobilien und sorge auch nicht für eine effiziente Kapitalallokation. Sie hat nur das Volumen an Mortgage-backed Securities (hypothekenbesicherte Wertschriften) aufgeblasen, die dann an Wert verloren haben, als die Immobilienblase platzte.

Der primäre Zweck der Transaktion ist, Gebühren und Provisionen zu generieren, erklärt Soros. Das ist ein klarer Beweis dafür, wie Derivate und synthetische Wertschriften genutzt wurden, aus der Luft imaginäre Werte zu schaffen. Das darf nicht fortgesetzt werden, hält Soros fest. Der Einsatz von Derivaten und anderen synthetischen Instrumenten müssen reguliert werden, auch wenn alle Parteien versierte Investoren sind, so Soros. Gewöhnliche Wertpapiere müssen bei der Börsenaufsicht (SEC) registriert werden. Synthetische Wertpapiere sollten ebenfalls registriert werden, argumentiert der Hedge Fonds Legende, obwohl die Aufgabe an eine andere Behörde, nämlich an CFTC (Commodity Futures Trading Commission) übertragen werden könnte. Soros hebt besonders zwei Aspekte hervor: (1) Derivate können nützlichen Zwecken dienen, aber sie enthalten auch versteckte Gefahren. Zum Beispiel können sie versteckte Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage aufstocken, die plötzlich zum Vorschein kommen, wenn ein Schwellenwert überschritten wird. (2) Credit Default Swaps sind besonders verdächtig. Sie sollen Anleihegläubigern Versicherung gegen Zahlungsausfälle liefern. Da sie aber frei handelbar sind, können sie zusätzlich zur Versicherung von negativ eingestellten Investoren als Lizenz zum Töten genutzt werden. Ihr Einsatz sollte auf die jenigen reduziert werden, die ein Interesse an versicherbaren Anleihen eines Unternehmens und eines Landes haben, mahnt Soros an. Er ist der Ansicht, dass der von der SEC angestrente Zivilprozess gegen Goldman weitreichende Auswirkungen auf die Gesetzgebung zur Finanzreform hat. Über 95% der ausserbörslichen Geschäfte in den USA entfallen auf die fünf grossen Banken, die als Marktmacher fungieren.

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